Stadt Steyr und der Weltkurort Bad Hall

166 Steyr. in den Westtrakt der 1898 fertiggestellten Jndustriehalle wandern. Da aber das später dort eröffnete Mädchenlyzeum Platz brauchte und das Weiterverblciben des Museums an diesem Orte in Frage gestellt war, fand die Anregung, dasselbe in den Juuerbergerstadl zu übertragen, beim Gemeinderate beifällige Zustimmung. Weil jedoch vorerst einige sehr notwendige Ausbesserungen im Inneren und an der Hintermauer vorgenommen werden mußten, konnte mit der Übersiedlung erst im Jahre 1913 begonnen werden. Nach kaum vierteljähriger, mühevoller Arbeit war das Werk zu Ende, so daß am 25. Juli Kustos Kautsch es fix und fertig übergeben und der Gemeinderat die feierliche Eröffnung vornehmen konnte. Nun galt cs, dem Hause auch sein einigermaßen be­ schädigtes äußeres Gewand in den ursprünglichen Formen wieder herzustellen. Diese Arbeit, die Er­ neuerung der Fassade, wurde im folgenden Jahre auf Staatskosten durch die Zcntralkommissiou für Denkmalpflege unter Leitung Meister Blümelhubers ausgeführt. Treten wir nun ein in das Gebäude, das an sich schon ein interessantes Ausstellungsobjekt darstellt. Vom gemauerten, gewölbten Erdgeschoß führt eine Holztreppe in zwei übereinanderliegende, weite, durch Holzfäulen gestützte Hallen, deren niedrige Decken aus mächtigen Lärchenstümmen gezimmert sind. Alles ist weiß getüncht. Darüber sitzt das geräumige Dachgeschoß, darauf ein zweifacher Oberboden. Dieser einstige „Traidkasten" — die Stellen in den einzelnen Geschossen, wo ehemals die Aufzüge für das Getreide waren, sind noch zu erkennen — jetzt also das Schätz­ test lein von Steyr, beherbergt eine Unmenge von Hausrat und historisch denkwürdigen Dingen, wie sie seit 1884 von emsigen Händen gesammelt worden. Vorwiegend sind es solche, die aus Stadt und Umgebung stammen; sie geben zusammen ein getreues Bild von Steyrs Kultur­ entwicklung, die durch dessen abgeschlossene Lage in vieler Hinsicht ein ganz eigenartiges Gepräge erhalten hat. Vorzeit, Blüte, Verfall und Wiedergeburt ziehen an uns in bunten Bildern vor­ über. Wenn wir überall verweilen würden, so könnten wir stundenlang gefesselt bleiben. Wir wollen das Museum einmal flüchtig durchwandern. Was an lokalgeschichtliche Erinnerungen anknüpft, sind natürlich Unika. Besonders jene Schätze, die aus dem Stadtarchiv stammen, so unter anderem das prächtige silberbeschla­ gene Stadtrichterschwert und der Bannrichterslab, sowie sechs eigenartig geformte große Zinnhumpen aus dem 16. Jahrhundert, die bei festlichen Anlässen gefüllt und — geleert wurden. Weiters ein Bund Stadttorschlüssel — die dazugehörenden Tore sind freilich längst dahin, — die Marktfreihcit: Arm mit Schwert, welches zur Jahrmarktzeit am Rathausbalkon ausgesteckt ward, eine Prangerschandlarve, ferner Fahnen, Feldschlangen, Stich- und Schußwaffen aus der Zeit, wo sich die Steyrer noch hinter schützender Mauer recht kräftig ihrer Haut wehren mußten. Eine Vitrine enthält Erinnerungen an die Franzosenzeit (unter anderem Spottbild: Napoleon auf St. Helena). Eine schwarze dreieckige Fahne, welche in der Kirche zu Haidershofen ans Licht kam, nachdem sie dort dreihundert Jahre gelegen; sie stammt angeblich aus dem oberösterreichischen Bauern­ krieg. Aber in weit fernere Zeiten können wir noch schauen: Wurde da in der Laussa bei Losenstein drei Gehstunden von Steyr, eine jungsteinzeitliche Werkstätte aufgedeckt. Außer fertigen schönen Werkzeugen und Waffen finden wir Klopf- und Poliersteine, halbfertige Stücke und Topf- scherben mit Reliefornameuten. Ein anderes Glaspult enthält Gräberfunde (1917) aus Ernst­ hofen (Station der Bahnlinie Steyr — St. Valentin); neben Langschädeln nordischer Rasse ent­ decken wir außer allerlei Grabbeigaben einen Topf mit dem vicrspeichigen Sonnenrad; eine Münze mit dem Bilde Caracallas deutet auf das Alter der Grabstätten und deren Beziehungen zum nahen römischen Laureacum. Die Entwicklung des Stadtbildes können wir an langen Bilderreihen

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