Stadt Steyr und der Weltkurort Bad Hall

162 Steyr. er mit seiner Arbeit in Steyr. Über jeden, mit fortlaufenden Buchstaben bezeichneten Kasten wurde ein Register angelegt. Leider konnte Trauner seine Arbeit nicht vollenden, denn es kam bald zu Zwistigkeiten mit dem Magistrat und 1784 wurde er von seiner Stelle als Archivar enthoben. Er hatte nur drei Repertorien vollkommen fertig gestellt und zwar Cista B über Kriminal­ akten, Cista C, Akten der Innerberger Hauptgcwerkschaft und Cista H, Akten über Kirchen-, Stiftungs- und Armenwesen. Alle übrigen Verzeichnisse der Giften A, D, E, F, G, I, K, L, M, N und 0 blieben Bruchstücke. In den nächsten Jahrzehnten kam das Archiv wieder in Unordnung. Während der Franzosen­ kriege wurde cs dreimal nach Prcßburg geflüchtet, auch in der Registratur selbst stockte während dieser Zeit jeder geregelte Geschäftsgang. Die einlaufenden Akten wurden bis zum Jahre 1822 überhaupt nicht registriert, erst in den folgenden Jahren wurde dies nachgeholt. Vom Archiv fehlt dann bis 1856 jede Nachricht. In diesem Jahre wurde vom Magistrat die Ordnung des Archives beschlossen, die jedoch trotz wiederholter Bemühungen in der folgenden Zeit nicht zur Durchführung kam. Nur der Kasten A wurde vom Magistratskanzlistcn Karl 1864 verzeichnet und 1904 wurden die Ratsprotokolle 1569 bis 1874 von Professor Hackl indiziert. Im Laufe der Jahrzehnte kam der von Trauner respektive Karl geordnete Teil des Archives wieder in Unordnung. Die Verwirrung in den Archivakten wurde immer größer, ja das Archiv wurde überhaupt unbenützbar, besonders als während des Krieges das Archivlokal die Ablagerungsstätte aller möglichen, anderwärts entbehrlichen Gegenstände wurde. Es ist daher ein bleibendes Verdienst des verstorbenen Bürgermeisters Josef Wokral, diesen unhaltbaren Zuständen ein Ende gemacht zu haben. Auf seinen Antrag beschloß 1920 der Magistrat, die Ordnung des Stadtarchives durch das oberösterreichische Landesarchiv in Linz fachmännisch durchführen zu lassen. Diese Arbeit wurde vom Verfasser dieses Artikels sofort in Angriff genommen und 1922 beendet. Vor allem wurden aus dem Archivlokale alle nicht dahin­ gehörigen Gegenstände entfernt und viele, seinerzeit dem Stadtarchiv entnommene und im städti­ schen Museum verwahrte Archivalien wieder dem Archive einverleibt. Das Stadtarchiv zerfällt in zwei Teile, den älteren von 1287 bis 1779, und den neueren von 1780 bis 1850. Die Akten des älteren Teiles wurden Stück für Stück unter Verwendung der Traunerischen Repertorien verzeichnet. Zu deren Benützung dienen sieben Bände Verzeichnisse. Für den neueren Teil sind bereits Einlaufprotokolle samt Indizes vorhanden. Trotz zahlreicher empfindlicher Verluste (cs fehlen z. B. alle älteren Stadtrechnungen) über­ ragt das Stadtarchiv Steyr inhaltlich wohl alle anderen Gcmeindearchivc Oberösterrcichs. Die zahlreichen Privilegien (1287—1829) zeugen von der Fürsorge der Landesfürsten für die Stadt und die von 1569 an lückenlos erhaltenen Ratsprotokolle geben ein Bild der rastlosen und um­ fassenden Tätigkeit des Magistrates. Der wertvollste und dem Stadtarchiv besondere Bedeutung verleihende Teil aber sind die Akten der ehemaligen Eisenhandelsgcsellschaft (bis 1625) respektive der Innerberger Eisengewerkschaft (1625—1785). In ihnen spiegelt sich der gesamte Eisenhandcl und das überaus rege gewerbliche Leben und Treiben der Stadt wieder. Aus den zahlreich vor­ handenen Testamenten und Abhandlungsprotokollcn ersieht man den Wohlstand der Bürgerschaft, besonders bis zum Ende des 17. Jahrhunderts. Einzig dastehend sind die fast vollständig vor­ handenen Kriminalakten (1494—1778) des ehemaligen Stadtgerichtes. Aber auch über religiöse Streitigkeiten in der Reformationszeit und über die Durchführung der Gegenreformation birgt das Stadtarchiv reichhaltiges Material. Hervorgehoben zu werden verdienen auch noch die zahl­ reichen Akten über die Besetzung der Stadt durch die Franzosen 1800—1809.

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