Stadt Steyr und der Weltkurort Bad Hall

Die Stadtfinanzen. Bon Magistratsdirektor Dr. Ferdinand Häuslmayr. Der Fremde, der Steyr zum erstenmale sieht, ist von der Schönheit der Gebäude und der Natnrschönheit der Umgebung begeistert. Es wird wenige Städte geben, wo Natur und Kunst eine solche Harmonie bilden. Aber die herrlichen alten Häuser der Stadt zeigen bloß von ver­ gangenem Reichtum, heute ist die Stadt arm, vielleicht eine der ärmsten Städte in unserer Republik. Und der ernste Gemeindeverwaltcr denkt mit schweren Sorgen an die Zukunft, die die Lösung so vieler, mit großen finanziellen Ausgaben verbundenen Probleme verlangt. Seit der Nachkriegszeit kommt die Gemeinde aus der Defizitmirtschaft nicht heraus und alle Versuche, die Finanzen der Stadt zu sanieren, sind bis heute gescheitert, ja sie mußten scheitern, da es bisher nicht gelungen ist, das Übel an der Wurzel, zu fassen. Es ist allerdings richtig, daß das Finanzproblem dieser Stadt sehr schwer zu lösen ist, da die finanzielle Not von Steyr auf Ursachen ganz besonderer Art zurückzuführen ist. Zu den all­ gemeinen Ursachen, die in der wirtschaftlichen Entwicklung der Nachkriegszeit zu suchen sind, kommen Ursachen lokaler Natur, die freilich auch schon früher bestanden haben, die sich aber mit Rücksicht auf den gesteigerten Aufgabenkreis der Gemeinde und den Forderungen der Jetztzeit erst voll auszuwirken beginnen. Die wirtschaftliche und soziale Struktur der Stadt. Die Stadt Steyr wird von einem Unternehmen, der Autofabrik wirtschaftlich in einem Maße beherrscht, wie wohl wenige Städte. Wenn man bedenkt, daß die Autofabrik gegenwärtig rund f>000 Personen beschäftigt, während der nächstgrößte Betrieb in der Stadt kaum 50 Personen beschäftigt, so ergibt sich daraus schon die unbedingte finanzielle Abhängigkeit der Gemeinde von diesem Unternehmen. Die Antofabrik ist das Unternehmen der Stadt, ist ihr Herzschlag; Handel und Wandel stehen, wenn der Betrieb zurückgeht oder stockt. Es gibt kein Gegengewicht, da alle anderen Unternehmungen in dieser Stadt gegenüber dem übermächtigen Betrieb der Autofabrik fast ohne Bedeutung sind. Im Falle einer Krise der Autofabrik versagt der Steuerträger, was mit einer jedesmaligen Zerrüttung der Stadtfinanzen verbunden ist. Dazu kommt, daß in dem Augenblick, wo die Autofabrik infolge schlechten Geschäftsganges oder anderer Ursachen Entlassungen vornimmt, die Ausgaben der Gemeinde wesentlich steigen, da in einer solchen Zeit ganz bedeutende Ansprüche an den Armenfonds gestellt werden. Die Gemeindeverwaltung hat sich zwar in den letzten Jahren bemüht, neue Industrien ins Leben zu rufen beziehungsweise sic zu fördern, ohne jedoch besondere Erfolge zu erzielen, da die Krise in Österreich das Erstehen neuer Industrien ungemein erschwert, und so ist es bis heute nicht gelungen, einen Gegenpol gegen die dominierende Autofabrik zu schaffen. Auch die Ein- gemeindungsbestrcbnngen der angrenzenden, in reinen Landbezirken befindlichen Industrie­ gebiete konnten über die Vorverhandlungen nicht hinauskommen, da die Landgemeinden derartige Gebiete, die vcrkchrstechnisch und ökonomisch eigentlich zur Stadt gehören, nicht abgeben wollen, 1(5*

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