Stadt Steyr und der Weltkurort Bad Hall

Verfassung und Verwaltung der Stadt. Von Magistratsdirektor Dr. Ferdinand Häuslmayr. Dic rechtlichen Grundlagen der österreichischen Gcmeindeverfassnng gehen auf die Jahre 1849 und 1862 zurück. Die „freie Gemeinde im freien Staate", das war der Grundgedanke der Ge- meindeverfassung von 1862, die im Wesen auch heute noch besteht. Und der Parlamentsausschuß erklärte in seinem Bericht über das Reichsgcmeindcgesetz: „Der Ausschuß hielt als leitenden Grundgedanken fest, daß, so wie nur jenes Individuum frei ist, das seinen LebenSgang nach der von ihm selbst bestimmten Lebensregel ordnen darf, auch nur jene Gemeinde eine wahrhaft freie autonome ist, welche ihr selbst-eigenes Leben durch eigene Kraft führt und Unvollkommenheiten in ihrem Leben durch eigene Kraft überwindet, ohne durch eine bevormundende Kraft in ihren Schritten gegängelt zu werden." Leider sind diese schönen Worte nie zur Wahrheit geworden, konnten nicht zur Wahrheit werden, da man die verschiedenartigsten wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, die in den einzelnen Gemeinden herrsche», in eine Zwangsjacke zu pressen versucht hat. Eine Sonderstellung genießen allerdings die Statutargemeinden, zu denen auch Steyr gehört, aber nur in ganz bescheidenem Maße. Im übrigen ist die österreichische Gemeinde nie ein selbständiges Individuum gewesen, sie ist stets unter der drückenden Vormundschaft des Landes und des Staates gestanden, lind die Verhältnisse haben sich gegenüber der Vorkriegszeit nicht allzusehr geändert, obwohl die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse gewaltige Änderungen erfahren haben. Vor allem ist auch heute noch von einer Finanzhohcit der Gemeinde, der ersten und wich­ tigsten Voraussetzung einer modernen Entfaltung, keine Rede. Bund und Land sind die stärkeren Brüder und jede Regelung der Finanzgesetzgcbung ist bisher noch immer ans Kosten der Jndnstrie- gcmcindcn gegangen. Die Gemeinden bedürfen auch heute noch zur Durchführung von grund­ legenden Beschlüssen der Zustimmung des Landes und indirekt der des Bundes. Es entscheidet — um von Steyr zu sprechen — über gewisse Beschlüsse der Gemeindevertretung einer ansgesprochcncn Industriestadt ein agrarisch orientierter Landtag, der naturgemäß den Bedürf­ nissen einer Stadtvcrtrctuug manchmal fremd gegenübersteht. Diese Abhängigkeit von den über­ geordneten Körperschaften äußert sich vor allem auch bei den durch die natürliche Entwicklung bedingten Gebictserwciterungsbestrebnngen einer städtischen Gemeinde. Die politischen Gc- mcindegrcnzen, die in den meisten Fällen vor vielen Jahrzehnten festgesetzt worden sind, nehmen natürlich auf die heutigen Wirtschafts- und Verkehrsverhältnissc keine Rücksicht. Es ist aber sehr schwer, eine Gebietserweiterung durchzusetzen, da hiezu ein Landesgcsetz oder die Genehmigung der Landesregierung erforderlich ist, die auf die politischen Verhältnisse in der Gemeinde Rücksicht zu nehmen gezwungen ist. Auch Steucrfragen spielen hier eine große Rolle, worauf bereits in dein Aufsatz „Die Stadtfinanzen" hingewiesen worden ist. Nach diesen einleitenden Worten zum Gegenstände im besonderen: Steyr ist eine autonome Stadt mit eigenem Statut. Zur Verwaltung ihrer Angelegen­ heiten sind folgende Organe berufen: Der Gemeinderat, der Bürgmeister beziehungsweise die Bürgermeisterstcllvertretcr, der Stadtrat und der Magistrat.

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