Stadt Steyr und der Weltkurort Bad Hall

Unsere Aufgaben in der Gemeinde. Bon Landtagsabgeordncten Bürgermeister Franz Sichlrader. Der Umsturz des Jahres 1918 hat auf dem Gebiete der Gemeindepolitik, insbesondere der städtischen Gcmeindepolitik, grundlegende Änderungen gebracht. In den früheren Gemeindever­ tretungen, die auf einem privilegierten Wahlrecht aufgebaut waren, war der größte Teil des Bolkes von jedem Einfluß auf die Gemeindeverwaltung ausgeschlossen. Die Gemeindevertretungen haben daher mir die Interessen einer verhältnismäßig kleinen Schichte der Bevölkerung gewahrt. An die Lösung von Problemen ist man im allgemeinen nicht herangetreten, unter Gemeinde ver­ stand das Volk eine Behörde, die bloß obrigkeitliche Aufgaben zu lösen hatte. Probleme, die heute in den Vordergrund der Kommunalpolitik gerückt sind, wie Bodenpolitik, Wohnungspolitik, Fürsorgewesen, waren in der damaligen Zeit nahezu unbekannt. Ein „Vorsorgen" für die zukünftige Entwicklung kannte man nicht, das war nach Ansicht des größten Teiles der damaligen Kommunalpolitiker vor allem eine Sache der Privatinitiative. Der Aufgabcnkreis der städtischen Gemeinde hat sich zunächst schon im Kriege gewaltig geändert. Die Not der Zeit zwang die Gemeinde, für die Verpflegung der Bevölkerung Vorsorge zu treffen, für die Kriegswaisen Unterkünfte zu schaffen, die Altersheime auszubauen und der­ gleichen. Die Einstellung jeder privaten Wohnbautätigkeit zeitigte eine Wohnungsnot, die auch heute noch die größte Sorge der städtischen Kommunen ist, da sie nicht über die Mittel verfügen, eine großzügige Wohnbautätigkeit zu entfalten, obzwar auch auf diesem Gebiete Unvergleichliches gegenüber früher geleistet worden ist. Der Krieg hat die Finanzen der Gemeinden völlig zerrüttet, wertlose Kriegsanleihepapiere waren das Erbe für die neuen Gemeindevertretungen. Es ist selbstverständlich, daß alle die angedeuteten Probleme ungleich schwieriger zu lösen sind in einer Stadt, die eine so eigenartige wirtschaftliche und soziale Struktur hat wie die Stadt Steyr. Wirtschaftlich hängt die Stadt von einem Unternehmen, den Steyrcr-Werken ab. Das Werk beschäftigt gegenwärtig rund 5000 Arbeiter und Angestellte — die Stadt zählt 22.000 Einwohner — alle anderen Unternehmungen verschwinden gegen diesen übermächtigen Betrieb, von dessen Wohl und Wehe das Schicksal der Stadt abhängt. Die Autofabrik ist das Unternehmen der Stadt, Rückgang der Konjunktur oder Stillstand des Betriebes verhängen über die Stadt eine Arbeitslosigkeit, wie sie sonst kaum in einer anderen Stadt möglich ist. Gegen solche wirtschaftliche Erschütterungen gibt es kein Gegenmittel, cs ist einfach ausgeschlossen, den Entfall an Steuern in einem solchen Zeitpunkt irgendwie wettzumachen. Die wirtschaftliche Abhängigkeit der Stadt von der Autofabrik ist das schwerste und drückendste Problem dieser Stadt. Und so hat beim auch die Gemeindevertretung nach dem Kriege kein Mittel unversucht gelassen, auf diesem Gebiete einigermaßen Abhilfe zu schaffen. Die Gemeinde ist zum erstenmale daran gegangen, Aktienbesitz von größeren soliden Unternehmungen zu erwerben, allerdings in einem bescheidenen Ausmaße.

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