teren Handel ein Ende bereiten sollte. Die in sie gesetzten Erwartungen erfüllten sich jedoch nicht. Der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges, Gegenreformation und der große oberösterreichische Bauernkrieg - zwei seiner Drahtzieher waren Steyrer Bürger - führten zum wirtschaftlichen Niedergang der Stadt. Die Verpfändung Oberösterreichs an Baiern 1620 und die rigorosen Maßnahmen der Gegenreformation unter Graf Herberstorff, die im Frankenburger Würfelspiel ihren Höhepunkt fanden , führten zur Erhebung der Bauern 1626. Mit 40.000 Bauern kam der Führer der Aufständischen, Stefan Fadinger, nach Steyr, wo er in Stadtrichter Wolfgang Madlseder und Dr. Lazarus Holzmüller wichtige Verbündete fand. Nach der Niederschlagung des Aufstandes wurden die Rädelsführer enthauptet und gevierteilt. Die Einquartierung von Truppen , die daraus enstehenden Kosten , die katastrophale Wirtschaftslage und der 1625 ergangene Ausweisungsbefehl für Protestanten hatten die Auswanderung von 228 Steyrer Familien zur Folge. Viele sahen ihre einzige Hoffnung in der Emigration. Es waren Steyrer Messerer, die die berühmte Solinger Stahlwarenerzeugung gründeten. Diese Entwicklung wirkte sich auch fatal auf das Eisenwesen aus. 1620 warteten 300.000 Zentner Stahl in Steyr auf ihre Abnehmer. Um das darniederliegende Eisenwesen zu beleben, kam es 1625 zur Gründung der „ lnnerberger Hauptgewerkschaft", der Vereinigung von Radmeistern, Hammerherren und Eisenhändler zu einem Konzern , aus dem später die Alpine Montangesellschaft hervorgehen sollte. Mit dem Barock erlebte dieStadt nach derTürkengefahr ein neues Aufblühen. Der Großhandel mit dem Eisen war zwar versiegt , die Verarbeitung des steirischen Eisens währte aber fort. 1 n dieser Zeit entstanden in Steyr einige interessante Bauten, wie die Michaelerkirche oder die Wallfahrtskirche von Christkindl am Rande der Stadt. In der Josefinischen Zeit, die nicht nur durch die Klosteraufhebungen geprägt wurde, machte sich in Steyr eine wirtschaftliche Aufwärtsbewegung bemerkbar. Durch die Umwandlung von bestehenden Handwerksbetrieben und die Gründung neuer Werkstätten wurde der Grundstein für die spätere Industrial isierung der Stadt gelegt. Am 29. August 1727 wurde Steyr von einer verheerenden Feuersbrunst heimgesucht, die nicht nur große Teile der Altstadt , sondern auch die Styraburg mit ihren Giebeln, Türmen und Erkern vernichtete. Aus den Trümmern der mittelalterlichen Burg stand das barocke Schloß Lamberg auf, neu und schön , wie der Vogel Phönix aus der Asche. 1 n der Zeit der Franzosenkriege wurde die günstige Entwicklung der Steyrer Wirtschaft jäh unterbrochen. 1 nnerhalb von 10 Jahren wurde Steyr dreimal von den Franzosen besetzt: 1800, 1805 und 1809. Die Wiege der Steyrer Großindustrie lag an dem im Mittelalter angelegten System von Flußläufen im Mündungsgebiet der Steyr, dem Wehrgraben . Im 18. Jhdt. begannen hier ansässige bürgerliche Mei - ster mit der Erzeugung von Säbeln, Bajonetten und Gewehrbestandteilen. 1830 gründete Leopold Werndl einen Betrieb, in dem er mit 450 Arbeitern Gewehrbestandteile erzeugte. Dem Sohn, Josef Werndl , gelang der große Schritt vom einfachen Unternehmer zum Großindustriellen. In wenigen Jahren baute er die Fabrik seines Vaters zu einer der größten und modernstenWaffenfabriken derWelt aus. Die dazu notwendigen Erfahrungen sammelte er in den großen amerikanischen Gewehrfabriken bei Colt und Remington . In Amerika bestellte er auch die modernsten Maschinen für seine Waffenfabrik, die schließlich in 135Gebäuden auf den Flußinseln imWehrgraben untergebracht war. Die Entwicklung eines eigenen Hinterladerverschlusses und die Umrüstung des österr.-ungar. Heeres auf Hinterlader brachten der „Österr.Waffenfabriksgesellschaft" (1869) den ersten großen Auftrag .Werndl kaufte in der Folge alle modernen Gewehrpatente auf und wurde der Ausrüster von Armeen in aller Welt. 1878 beschäftigte die Fabrik 10.000 Arbeiter, die wöchentlich 8.000 Gewehre erzeugten. Steyr war damals die größteWaffenschmiede des Kontinents. Vorausblickend hatteWerndl schon damals die Produktion von Glühlampen und elektrischen Mrisr.himm ri11foenommen 1884 zeigte er in der ,, Elektrischen Ausstellung" der ganzen Welt seine Fortschritte auf dem Gebiet der Elektrotechnik. Anläßlich dieser Ausstellung wurde in Steyr die erste elektrische Straßenbeleuchtung Europas mit Strom aus Wasserkraft - in Zwischenbrücken stand eines der ersten WasserkraftwerkederWelt-installiert .Am 29. April 1889 starb Werndl an den Folgen einer Lungenentzündung , die er sich in der hochwasserführenden Steyr geholt hatte. Da die alten Fabriksanlagen im Wehrgraben Ende des vorigen Jahrhunderts nicht mehr den techni - schen Anforderungen entsprachen , kam es 1912- 1914 zum Bau der „Neuen Waffenfabrik". Obwohl der Erste Weltkrieg die Fabrik mit neuen Aufträgen überschwemmte (15.000 Arbeiter) , begann man 1916 mit dem Bau der Einrichtungen für eine Automobilproduktion nach amerikanischem Vorbild . Nach dem Weltkrieg wurde die Waffenfabrik zu einer Autofabrik. Bekannte Autos, wie der „ Steyr 50" (F. Porsche 1929) und der „ Steyr 220", verließen die Werkshallen. Nach der Änderung des Firmennamens in „Steyr-Werke AG " (1925) kam es 1934 zur Fusion mit Daimler, zur „Steyr-Daimler-Puch AG ". Nach dem Zweiten Weltkrieg verfolgte das Werk konsequent die Erzeugung von Traktoren und Lastkraftwagen , heute erzeugt der Konzern fast alles, was sich auf Rädern fortbewegen kann , daneben Kugellager und Präzi sionsgewehre. Mit rund 18.000 Beschäftigten ist der Steyr-Konzern heute Österreichs größter Nutzfahrzeughersteller. Noch heute tragen die Produkte der Steyr-Werke die Zielscheibe der Waffenfabrik und den Namen der Stadt als Markenzeichen .
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2