Steyr Bildführer 1969

„Der U,·sprung dieser schönen Wa-llfahrtskirche ist fast so romantisch, wie die Lage desselben. Ferdinand Serdel, Thürmermeister und Chorregent zu Steyr, der beyläufig 1691 von Melk hierher berufen worden war, hatte öfters in seiner Jugend und auch noch später Anfälle der hinfallenden Sucht. Um diese zu verlieren, verehrte er vorzüglich das Jesukindlein schon zu Melk; als er nach Steyer gekommen war, setzte er diese Verehrung fort und hing zuerst in der einsamen Gegend, wo nun die Kirche steht und damals ein Wald war, ein Bild der heiligen Familie zur täglichen Andacht auf. Vorher 1684 hatte sich bey den Nonnen zu Steyer ein wunderbares Ereigniß zugetragen. Maria Elisa- betha Parangin, Chorschwester, war neun Jahre und sechs Wochen an beyden Füßen lahm gewesen, mußte immer von zwey andern 'T;i einem dazu bereiteten Sessel von einem Ort zum andern getragen werden, und alle Mittel waren fruchtlos angewendet worden. Diese hatte nun am 1. Jänner 1684 ein Christkindlein, aus Wachs gemacht, zum Geschenke erhalten . Am 23. May 1684, am Pfingstdinstag, verehrte sie vorzüglich dieses Kindlein und bath es um Hilfe bey ihrem traurigen Zustande; plötzlich fühlte sie sich ungemein gestärkt, konnte zur höchsten Verwunderung Aller gehen und blieb auch immer in diesem guten Zustande. Der kranke Thürmermeister bath nun 1695 um ein getreues Modell dieses Kindes und erhi elt nach vielen Bitten ein wächsernes Kindlein, das in der rechten Hand ein Kreuz und in der linken einen Dornen/cranz hielt. Er stellte da sse lbe nahe bey seinem Bilde in jener Gegend in die Höhlung einer Tanne von mittlerer Größe hinein und besuchte es um so häufiger, je mehr er eine heilsame Kraft fühlte, die seine sonst unheilbare Krankheit überwand. Er wallfahrtete täglich dahin, hielt es aber sehr verborgen, und keiner seiner Hausgenossen wußte darum. Da aber Viele in dieser Gegend spazieren gingen, sahen sie ihn, fanden endlich auch das kleine Kind im Baume und verehrten dasselbe; der Zulauf 34

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