Kritische Anmerkungen zum Historisch-topographischen Handbuch der Wehranlagen und Herrensitze OÖ

9 Nicht nachvollziehbar ist der Objektname „Wallburg“ für die urgeschichtliche Höhensiedlung am Waschenberg (MG Bad Wimsbach-Neydharting). Die heute weitgehend zerstörte Fundstelle wurde durch Spitzgräben geschützt, Befestigungswälle waren hier aber nie vorhanden. Völlig irreführend ist auch der Ojektname „Verwallung“ für die Abschnittsbefestigung am Mühlberg nahe der Ortschaft Schneegattern (OG Lengau). Die Wehranlage wird durch zwei mächtige Abschnittsgräben geschützt, Wälle sind aber weit und breit nicht erkennbar. Zu problematisieren sind die im Handbuch angeführten PARZELLENNUMMERN, die in unzähligen Fällen nicht stimmen. Grundsätzlich ist zu vermerken, dass Norbert Grabherr die Daten nicht aus modernen Katastralmappen, sondern aus der Urmappe des Franziszeischen Katasters gewonnen hat. Diese Daten stammen in der Regel aus dem 1. Drittel des 19. Jahrhunderts, entsprechen nur in Ausnahmefällen den heute gültigen Grundstücksnummern, und sind für eine zeitgemäße Inventarisierung völlig ungeeignet. Im Eintrag zur Spitzenburg (MG Wolfern) ist es Norbert Grabherr schließlich gelungen, praktisch nur falsche Angaben (Lagebeschreibung, Hofname, Parzellennummer, Koordinaten) zu übermitteln. Im Detail: Zur genaueren Lokalisierung des Sitzes wird ein „Bauernhof Burgstaller“ genannt, der in der Ortschaft Kroisbach liegen soll. Wie schon obig erwähnt, existiert dieses Burgstallergut nicht. Die angeführte Parzellennummer verweist auf eine Waldparzelle südwestlich der Ortschaft Kroisbach. Die Blattschnittkoordinaten verweisen jedoch auf eine Wiesenparzelle südöstlich der Ortschaft Spitzenburg. Abgesehen von den völlig widersprüchlichen Angaben ist der Burgstall weder hier noch dort eruierbar. Die im Handbuch angeführte Katastralgemeinde ist ebenso falsch. Das „Historisch-topographische Handbuch“ führt etliche Burgen, Schlösser und Wehranlagen an, die trotz Auswertung der ALS-Daten und intensiven Geländebegehungen nicht verifizierbar waren. Echte urkundliche Nennungen fehlen in der Regel. Es besteht der berechtige Verdacht, dass es sich bei diesen angeblichen Objekten um FANTASIEBURGEN bzw. MÄRCHENSCHLÖSSER handelt, die nur in der gedanklichen Vorstellung des Wirklichen Amtsrates vorhanden waren. Stellvertretend sei die Burg Kraxenberg genannt, deren Erdsubstruktion sich auf dem gleichnamigen Höhenrücken in der OG Kirchheim im Innkreis befinden soll. Diese Burganlage ist in den ALSGeländemodellen nicht erkennbar. Historische Nachrichten, die den Bestand eines Herrensitzes belegen könnten, fehlen völlig. Die irrige Annahme einer Burg am Kraxenberg entstand offensichtlich dadurch, als ein missverständlicher Text des Topographen Benedikt Pillwein aus dem Jahre 1832 völlig unkritisch übernommen wurde.10 Das Zitat von Pillwein beschreibt allerdings nicht eine oder die Burg Kraxenberg, sondern die beiden Schlösser von Riegerting, wobei sich der ortsunkundige Forscher bei der Lokalisierung des älteren Wasserschlosses (– das er aus unerfindlichen Gründen am Kraxenberg verortet hat –) völlig vertan hat. Auch die Burg Hohenstein, die sich auf einem Hangsporn in der Rotte Oberhaunsberg befinden soll, ist nicht nachweisbar (OG Eggelsberg). Norbert Grabherr nennt hier keine schriftliche Quelle, jedoch dürfte sein Eintrag auf der »literarhistorischen Untersuchung« des Lehrers Max Schlickinger aus dem Jahre 1894 beruhen, in der fragwürdige Versuche unternommen wurden, die im Meier-HelmbrechtEpos genannte Burg im oberen Innviertel zu lokalisieren.11 Die von Schlickinger beschriebenen 10 Vgl. PILLWEIN 1832, 358ff. 11 Vgl. SCHLICKINGER 1894, 21 – 31

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