Kritische Anmerkungen zum Historisch-topographischen Handbuch der Wehranlagen und Herrensitze OÖ

833 Kettensperrturm befunden haben. Die eiserne Sperrkette gelangte angeblich in den Besitz von Napoleon Bonaparte und soll sich heute in einem „Pariser Militärmuseum“ befinden.124 Die moderne Burgenforschung hegt massive Zweifel an der Überlieferung von der „eisernen Kette“ und den beiden Kettensperrtürmen. Hebewerke oder sonstige technische Hilfsmittel, die ein Spannen der Metallkette, die ein beträchtliches Gewicht aufgewiesen haben müsste, ermöglichen könnten, konnten bei der bautechnischen Aufnahme der Turmruine durch Wilhelm Götting nicht verifiziert werden. Historische Belege für den rechtsufrigen Kettensperrturm sind ebenfalls nicht vorhanden. Sämtliche urkundliche Nachrichten über die in der Schaunberger Fehde errichteten, rechtsufrigen Befestigungen beziehen sich auf den Schaunberger Burgstall → B/2/5. Etwa ein Vierteljahrtausend nach Beendigung der Schaunberger Fehde bestand in dieser Gegend allerdings tatsächlich eine Donausperre. Der aus Jahre 1630 stammende Kupferstich125 des Meisters Wolfgang Kilian zeigt eine ausführliche Darstellung der kriegerischen Aktivitäten der aufständischen Bauern zwischen Passau und Linz im Jahre 1626. In dem Bild sind in Untermühl und in der Kaiserau zwei bastionäre Schanzwerke eingezeichnet, die über die Donau hinweg mit einer Linie verbunden sind. Die Beschreibung dazu lautet: 11. Die Paurenschanzen bey der Ketten/so mit 400 Man vnd 8 stuck besetzt 12. Die Ketten vnd 2 Sail/darmit die Tonaw gesperrt gewesen/doch zersprengt worden 13. Das Schloß Newhauß Von den aufständischen Bauern wurden damals Ketten, Seile und Zillen miteinander vertäut, sodass sich eine einfache Donausperre ergab. Sonderlich rigid dürfte das Sperrwerk nicht gewesen sein, denn es wurde bald von den landesfürstlichen Truppen zersprengt. B. PILLWEIN 1843, 63 STRNADT 1903, 73 ZEMAN 1957, 426 u. 477 ECKER 1958, 316/18 GÖTTING 1967, 91ff. LITSCHEL 1968, 44ff. DEHIO 2003, 737 PIPER 2013, 78f. C. KILIAN 1630 HAGER 1667, 82 VISCHER 1674, 117 Vermessungsplan von Wilhelm Götting D. 47213 KG Neuhaus, GST-NR 27 E. X 48591, Y 365077 F. Turmruine 124 Mit dem angeführten Militärmuseum ist das Musée de l’Armée gemeint, das im ehem. Hôtel des Invalides im 7. Pariser Arrondissement untergebracht ist. Eine Anfrage bezüglich der „eisernen Sperrkette“ ergab, dass diese nicht im Fundus des Museums vorhanden ist. https://www.musee-armee.fr/en/english-version.html 125 Der Kupferstich von Wolfgang Kilian (1630) ist online verfügbar unter: https://www.bavarikon.de/object/bav:HVO-OBJ-0000000HVBSC0955?lang=en

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