Kritische Anmerkungen zum Historisch-topographischen Handbuch der Wehranlagen und Herrensitze OÖ

707 9 OG Kirchheim im Innkreis K/9/1 Kraxenberg (Krachsenberg) K/9/1 Burgstall: Auf dem Kraxenberg befindet sich das Erdwerk einer kleinen Burg auf einem Hangsporn des Burgholzes, KG. Kirchheim, Flurname „Burgstall“; keine Beurkundung, aber eine bezugnehmende Lokalsage vorhanden. Lit.: Feichtenschlager-Maier, D'Innviertler Roas, S. 129. Lage: 9,0 v.o., 5,6 v.li.o. (47). (Originaler Datensatz von N. Grabherr). A. Der Steckbrief zu dieser angeblichen Burganlage verwirrt schon insofern, als das angeführte „Burgholz“ in den amtlichen Kartenwerken völlig unbekannt ist. Offensichtlich ist das „Buchholz“ gemeint, dieses ist aber vom sog. Kraxenberg, einem langgezogenen Höhenrücken oberhalb der gleichnamigen Ortschaft, etwa 1,5 km entfernt. Die Blattschnittkoordinaten verweisen auf den nordöstlichen Hang des Kraxenberges, der hier mässig steil in die Talung des sog. Gruberbaches abfällt (KG Kirchheim im Innkreis, GST-NR 910/1, 910/2, usw.). Das postulierte „Erdwerk einer kleinen Burg“ ist nicht vorhanden, aber auch der postulierte „Hangsporn“ ist nicht eruierbar. Der Flurname „Burgstall“ ist völlig unbekannt, wie auch von der indigenen Bevölkerung versichert wurde. Das Rätsel um diese mysteriöse Burganlage konnte erst durch das Studium von vaterländischer Literatur aus dem 19. Jhdt. gelöst werden. Anlässlich der landeskundlichen Aufnahme des Innviertels durch Benedikt Pillwein wurde seinerzeit auch eine Beschreibung der beiden Schlösser zu Riegerting → K/12/6 angefertigt. Der Topograph schrieb damals folgende Zeilen: „Von den hiesigen 2 Schlössern wird eines das alte, eines das neue genannt. Das alte Schloß steht 120 Schritte westlich am Kraxenberg, und ist mit einem Teiche umgeben. Die Bauart führet auf ein Alter von mehr als 300 Jahren zurück. Das neue Schloß, 1697 erbaut, liegt hart an der Straße, welche am Fuß des Kraxenberges eine kleine Viertelstunde unter Kirchheim von der Braunauer Poststraße weg über Waldzell nach Frankenburg, und über Lohnsburg, Kobernaußen durch den Wald nach Weissenbach und Friedburg führt.“ Pillwein war offensichtlich nie in dieser Gegend, sondern hat sich auf Gewährsleute berufen. Die Formulierung ist jedenfalls völlig falsch, das ältere Wasserschloss in Riegerting befand sich nicht am Kraxenberg, sondern in der Talniederung der Waldzeller Ache, etwa 130 m südwestlich des jüngeren Landschlosses (KG Riegarding, GST-NR 329). Die falsche Darstellung von Pillwein wurde ohne Überprüfung vor Ort von etlichen Heimatforschern und Archivaren übernommen: Im Jahre 1952 berichten Georg Feichtenschlager und Otto Maier von einem „sagenhaften Jagdschloss“, das sich am sog. Kreuzberg befunden haben soll (damit ist der nordwestliche Sporn des Kraxenberges gemeint, der von einem Kreuz bekrönt wird). Im Jahre 1964 wird das Pillwein'sche Zitat dann von Georg Grüll ohne Überprüfung für sein Burgen- und Schlösserbuch übernommen. Der Archivar schreibt: „Riegerting besteht aus 2 Schlössern, das alte am Kraxenberg und in einer Entfernung von 100 Schritten das neue, 1697 erbaute Schloß.“ Norbert Grabherr hat dann, ohne kritische Auseinandersetzung mit den schriftlichen Quellen und ohne Überprüfung vor Ort, das „Erdwerk einer kleinen Burg auf dem Kraxenberg“ konstruiert. Diese Burg hat es aber nie gegeben, sie entstand durch unkritisches Rezipieren älterer Texte. B. PILLWEIN 1832, 358ff. SCHIFFMANN 1935b, 67 FEICHTENSCHLAGER 1952, 129 GRÜLL 1964, 111f. ALLMANNSBERGER 2017, 260ff. C.

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