Kritische Anmerkungen zum Historisch-topographischen Handbuch der Wehranlagen und Herrensitze OÖ

704 „Fig. 70, Punkt 17. Fast anschließend an den südöstlichen Teil des Grabens liegt ein Viereckshügel, sehr gut erhalten, gegen das Gehänge zu geböscht, gegen den Graben allmählich verlaufend. Bis 1 m hoch, Plateau 10 x 8 Schritte.“ Georg Kyrle gilt als bedeutender Prähistoriker und Speläologe, seine Deutung der obig beschriebenen Terrainformungen als „Erdsubstruktion einer Burg“ ist allerdings zu problematisieren. Die historische Planskizze von Benesch und das moderne ALS-Geländemodell zeigen einen mäßig abfallenden Hang, der etliche Gräben aufweist, die in Entnahmegruben enden. Echte Befestigungswerke (wie etwa Erdwälle) sind nicht vorhanden. Das Mittelwerk einer Burg ist nicht erkennbar, aber auch ein Vorburgbereich fehlt völlig. Eine rezente Veränderung der Fundstelle ist indes auszuschließen, da sich die historische Planskizze von Ludwig Benesch und das moderne ALS-Geländemodell weitgehend gleichen. Bei einer Begehung der Örtlichkeit durch den Archäologen Heinz Gruber (Landeskonservatorat für OÖ) wurden erhebliche Zweifel an der Interpretation als Erdsubstruktion einer Burg geäußert. Die Terrainveränderungen dürften vielmehr bei der Gewinnung von Massenrohstoffen entstanden sein. (Das Areal gehört zur Geologischen Einheit der sog. Pielach-Formation. Die lithologische Hauptebene ist Ton, die Nebeneinheiten sind Schluff und Sand). Diese Annahme wird auch dadurch erhärtet, als sich in der näheren Umgebung etliche Materialentnahmegruben nachweisen lassen. Ein Grundbesitzer verwies auf die große Lehmgrube jenseits der Mauthausener Straße (B123), wo bis in die 1970er Jahre Lehm abgebaut wurde. Der Massenrohstoff wurde offensichtlich auch in dem Waldstück nordwestlich des Kastlgutes gewonnen. Die etymologische Deutung des Hofnamens als „Kastell“ ist sicherlich nicht zutreffend. Konrad Schiffmann sieht einen Zusammenhang mit der früheren Besitzerfamilie Kässtl bzw. Käßl: “Kastel, einz. Hsr., O. Obenberg, G. Ried, B. Mäuthausen. — 1481 Thom. Kässtl im Hard. Urb. Steyreck. — 1590 Käßl. Archiv 94, S. 288. — 1680 Cöstlgueth. Urb. Schwertbg., f. 374.“ Nach Leopold Mayböck soll sich der Name von einem „Kasten“, einem Getreidespeicher, herleiten. B. BENESCH 1905 KYRLE 1919, Punkt 16 u. 17, 77f. SCHIFFMANN 1935b, 21 REITINGER 1968, 350 STEINGRUBER 2011, 28f. KRAWARIK 2014, 41 C. Planskizze von Ludwig Benesch D. 43108 KG Obenberg, GST-NR 573/7, (nahe) Holzgasse 63 E. X 90161, Y 352054 F. Kein Ansitz / Burgstelle / Wehranlage erkennbar (Materialentnahmegruben, Aufsammlungen)

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