Kritische Anmerkungen zum Historisch-topographischen Handbuch der Wehranlagen und Herrensitze OÖ

622 I/11/2 Wasenberg (Kirchstettnerholz) I/11/2 Wasenberg: Im Auwald des Naarnbaches in einer Schlinge desselben, nächst der O. Hart, KG. Hofstätten, das Erdwerk eines Tabors im Kirchstätterholz, Flurname „Wasenberg“; keine Beurkundung. Quelle: FB. 1, S. 68. Lage: 9,3 v.o., 17,9 v.li.o. (52). (Originaler Datensatz von N. Grabherr). A. Die Ansprache des Wasenberges als „Tabor“ ist nicht nachvollziehbar, da das Erdwerk im sog. Kirchstettnerholz keineswegs dem Baumuster eines neuzeitlichen Schanzwerkes entspricht. Nach übereinstimmender Auffassung von Mittelalter-Archäologen und Historikern handelt es sich um die Substruktion einer hochmittelalterlichen Burganlage, einem klassischen Hausberg.103 Die Fehleinschätzung ist insofern schwer nachvollziehbar, da der originale Fundbericht des Heimatforschers Paul Löffler explizit von einem Hausberg berichtet: „Wasenberg bei Hart, Gde. Hofstätten, B. H. Perg. Im Hochwalde ungefähr 400 m nördlich von Hart, östlich von dem Einbaumsteg über die Naarn, nächst dem rechten Ufer der Naarn. Steiler, kreisrunder Hausberg mit ebener Oberfläche von etwa 14 m Durchmesser, umgeben von breitem Spitzgraben, der außen einen kleinen Erdaufwurf hat. Höhe über der Grabensohle etwa 6 m, Grabentiefe etwa 2'5 m. Durchmesser der ganzen Anlage etwa 45 m. Vom Grabenrande führt eine seichte Rinne zur Naarn, die leicht zur Bewässerung des Grabens vertieft werden könnte. P. Löffler.“ Aufgrund der Gefährdung des Wasenberges durch forsttechnische und sonstige Maßnahmen, wurde eine Planaufnahme des beachtlichen Bodendenkmales durch die Vermessungsabteilung der Oö. Landesbaudirektion angeregt. Bei den überwiegend von Wladimir Obergottsberger durchgeführten Tätigkeiten konnte überdies eine präzise Beschreibung des Hausberges verfaßt werden: „Der Wasenberg ist ein Erdkegelstumpf mit vorgelegtem Graben und Wall. Seine höchste Höhe liegt 5 m aber dem gewachsenen Terrain auf einer Höhe von 242,72 m über Adria. Der oberste Durchmesser beträgt 19 m, der der Grabensohle 37 m. Zur Errichtung eines Gebäudes stand somit eine Fläche von 280 m² zur Vertagung. Wird der heutige Erhaltungszustand zugrunde gelegt, mussten 3780 m³ Erdmaterial umgewälzt werden. Davon betrug der Aushub für den Graben 1090 m³, der einerseits zur Aufschüttung des Vorwalles (310 m³) und andernteils zur Schüttung des Erdkegels verwendet wurde. Zur Erreichung des Endzustandes mussten für den Erdkegel noch 1600 m³ Schüttmaterial herangeschafft werden. Auf Grund empirischer Werte kann man annehmen, daß 10 Mann für 189 Tagwerke oder 27 Wochen zur Errichtung dieser Erdsubstruktion beschäftigt waren.“ In der Hausberganlage von Gaiselberg im Weinviertel (SG Zistersdorf, VB Gänserndorf) liegt ein vergleichbares Objekt vor, das in den Jahren 1958 bis 1972 von Fritz Felgenhauer archäologisch untersucht wurde. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse können mit Einschränkung auf den Wasenberg übertragen werden. Die Burganlage von Gaiselberg entstand in der 2. H. des 12. Jhdts., wobei als Bauträger die hochfreien Herren von Kuenring angenommen werden. Die erste Bauphase bestand aus einem kegelstumpfförmigen Mittelwerk und einem Wallgraben. In den späteren Jahrhunderten erfolgten umfangreiche Um- und Ausbauten. Der Hausberg Wasenberg entspricht weitgehend der ersten Bauphase des Gaiselberges, somit könnte seine Entstehung ebenfalls im 12. Jhdt. liegen. Das Machland stand zu dieser Zeit im Einflussgebiet der Herren von Perg und Machland, die sich natürlich als Bauträger des Sitzes oder als Lehensgeber anbieten würden. Die Historiker Hans Krawarik und Harald Lehenbauer vermuten jedoch einen Zusammenhang mit den Herren von Kirchstetten, die im 13./14. Jhdt. in dieser Gegend aufscheinen. B. HANDEL-MAZZETTI 1912b, 48 103 Der Begriff „Hausberg“ bezeichnet Turmhügelburgen aus einem künstlich aufgeschütteten Hügel, der von einem oder mehreren Wällen bzw. Gräben umgeben ist. Solche Anlagen entstanden hierzulande vor allem im 12. und 13. Jhdt.

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