Kritische Anmerkungen zum Historisch-topographischen Handbuch der Wehranlagen und Herrensitze OÖ

585 kann man mit Sicherheit ausschließen, da Bombentrichter anders aussehen und die Gruben bereits um 1910 von Benesch beobachtet und in einer Planskizze festgehalten wurden. Was waren die Gruben aber nun tatsächlich? In der näheren Umgebung der keltischen Stadtsiedlungen in Baden-Württemberg und Bayern, insbesondere am Michelsberg bei Kelheim an der Donau, finden sich vergleichbare Gruben. Wissenschaftliche Untersuchungen durch bayerische Archäologen haben ergeben, dass es sich um einfache, tagebauartige Bergwerke, sogenannte Pingen, handelt, in denen Eisen und andere begehrenswerte Mineralien abgebaut wurden. 101 Aufgrund stratigraphischer Beobachtungen konnten dort große Tagebaugruben von bis zu 20 m Durchmesser verifiziert werden, die den „Kelten“ zugeordnet werden. Neben den eisenzeitlichen Gruben entdeckten die Archäologen über 12 m tiefe Schachtanlagen, die aus dem Frühmittelalter (karolingisch-ottonische Zeit) stammen dürften. Die chronologischen Ansätze beruhen teilweise auf Radiokarbondaten, die mithilfe von Holzkohleproben durchgeführt wurden, die aus den Verfüllungen der Abbaue stammen. Aufgrund einer gewissen Übereinstimmung mit den Pingen in Bayern konnte man davon ausgehen, dass es sich den „Grüben“ des Kürnberges ebenfalls um alte Abbaubereiche handelt. Welches begehrenswerte Material bzw. Mineral hier gewonnen wurde, war allerdings lange Zeit ungeklärt. Anlässlich der geologischen Kartierung des Kürnberges im Rahmen der Landesaufnahme der Geologischen Bundesanstalt/Wien erfolgte im Jahre 2007 eine Autopsie durch den Geologen Manfred Linner. Die Befunde des Untergrundes, die variablen Formen der Gruben und wesentlich auch das Fehlen von Abraumhalden sind für den Wissenschafter Argumente für Entnahmestellen der Massenrohstoffe Lehm und Grussand. Damit können die Gruben als Relikte ehemaliger Lehm- und Grusgruben interpretiert und auch als Pingen bezeichnet werden. Das Material eignet sich durchaus für „Lehmbauten“. Der Lehm mochte außerdem dazu gedient haben, die Außenseite der Ringwallbefestigung zu verkleiden, um ihr ein repräsentatives Aussehen zu geben. (Eine solche Verkleidung konnte beim Keltenwall am Linzer Freinberg archäologisch verifiziert werden). Auf die fortifikatorische Bedeutung der „Grüben“ verweist der Privatarchäologe Hermann Schwammenhöfer. Nach der Entnahme der Massenrohstoffe Lehm und Grussand wurden die Gruben offensichtlich mit Absicht offen gelassen, da sie sich vorzüglich als Annäherungshindernisse (etwa gegen Reiterangriffe) eigneten. Obwohl sich die „Grüben“ seit 1992 unter Denkmalschutz befinden, wurden sie sukzessive mit Holzabfällen, Baumstämmen, Erdreich, usw. verfüllt. Falls sich dieses Vorgehen fortsetzen sollte, werden die historischen Materialentnahmegruben in absehbarer Zeit für immer verschwunden sein. Es verwundert, dass die Denkmalbehörde in dieser Sache offensichtlich völlig untätig ist. B. → H/21/14a C. D. 45312 KG Wilhering, GST-NR 91/1 E. X 66297, Y 350736 F. Materialentnahmegruben (Pingen) 101 Anmerkung: Im heutigen Sprachgebrauch steht der bergmännische Begriff "Pinge" (Binge) für einen bei Bergbauarbeiten, meist durch den Einsturz alter Tiefbaugruben, entstandenen Einbruchtrichter. Ursprünglich bezeichnete der Terminus jedoch die Tätigkeit des „Pingens“ (= „Aufschürfens“). Ein „aufgepingter“ Gangzug war eine im oberflächennahen Bereich aufgeschürfte Ganglagerstätte. Unter "Pinge" verstand man früher also zugleich einen Schurf, ein tagebauartiges, einfaches Bergwerk. (Vgl. STEINGRUBER 2007, 169f.).

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