Kritische Anmerkungen zum Historisch-topographischen Handbuch der Wehranlagen und Herrensitze OÖ

26 In keinem Zusammenhang mit den obig angeführten Niederungsanlagen stehen jene in großer Anzahl vorhandenen Gebäude, welche die Haus- bzw. Hofnamen Hochhaus, Hochhauser, Hochhäusl, Häusl am Hochhaus, Sölden am Hochhaus, Hochhaussölden, Gut im Hochhaus, Gütl am Hochhaus, usw. führen. Umfangreiche Inventarisierungen dieser Gebäude wurden insbesondere von Herbert Jandaurek46 in den Nachkriegsjahren betrieben. Es handelt sich bei diesen Hochhäusern meist um ehem. Sölden47, die sich an Altstraßen, manchmal etwas außerhalb der jeweiligen Ortschaften, befinden. Auch einige Wirtshäuser und Tafernen führen die Bezeichnung Hochhaus bzw. Hochhauser. Die Überprüfung all dieser Gebäude ergab jedoch, dass die überwiegende Mehrzahl keine Sitzqualität aufweist.48 Historische Nachrichten, die den Bestand eines Herrensitzes belegen könnten, fehlen in der Regel. Baumerkmale eines adeligen Sitzes, wie etwa Festes Haus, Wassergraben oder Teichanlage, sind nicht nachweisbar. Dennoch wurden die Hochhäuser von Grabherr in seinem Verzeichnis der Herrensitze und Wehranlagen Oberösterreichs aufgenommen. Ebenfalls in großer Anzahl angeführt sind die sog. Sedelhöfe. Es handelt sich um steuerbefreite Gutshöfe, die sich im oö. Innviertel (amtliche Bezeichnung: Innkreis) befinden, das bis ins Jahr 1779 zu Bayern gehörte. Die Sedelhöfe weisen üblicherweise keine Sitzqualität auf. Baumerkmale eines adeligen Sitzes fehlen. Eine weitere »bayerische Besonderheit« sind die im oö. Innviertel (Innkreis) häufig anzutreffenden Hofmarken. Allein im Braunauer Raum sind sieben solcher Anlagen urkundlich belegbar. Es handelt sich um eine bis ins 11. Jhdt. zurückreichende, meist erbliche Form räumlich begrenzten adeligen Grundbesitzes, verbunden mit niederer Gerichtsbarkeit. Mittelpunkt und Verwaltungszentrum bildete ein ebenfalls als Hofmark bezeichneter Landhof. Von diesen Hofmarken sticht das Objekt von Moos (Peterfeld) in der Ortsgemeinde St. Peter am Hart hervor, da das heute denkmalgeschützte Erdwerk („Hausberg“ laut Bundesdenkmalamt) stark an eine hochmittelalterliche Wasserburg erinnert. In einer Urkunde aus dem Jahre 1597 wird ein solcher Sitz jedoch expressis verbis verneint.49 Das Historisch-topographische Handbuch erwähnt auch etliche Erdwerke, die seinerzeit von Hugo v. Preen in den Waldgebieten des Innviertels entdeckt wurden.50 Eine vollständige Übersicht fehlt aber. 46 Vgl. JANDAUREK 1949, 1ff.; JANDAUREK 1964, 64ff. 47 In Österreich und in Bayern wird der Begriff „Sölde“ für Hof und Grund eines Söldners angewendet. Diese Söldner waren allerdings keine Berufssoldaten, sondern Kleinstbauern, die etwas Landwirtschaft betrieben, aber aufgrund der geringen Fläche nicht davon leben konnten. Als Tagelöhner oder Handwerker mussten sie sich zusätzlichen „Sold“ dazuverdienen. 48 Anmerkung: Ausnahmen sind die Schlösser Hochhaus (OG Pfarrkirchen im Mühlkreis) und Hochhaus (MG Vorchdorf). Die Sitze Ottsdorf (MG Micheldorf in Oberösterreich) und Lehen (OG Holzhausen) sind jeweils in Gebäuden aufgegangen, die den Hof- bzw. Hausnamen „Hochhaus(er)“ führen. Einige Sitze, die sich im oberen Mühlviertel befinden, sollen angeblich die Lokalbezeichnung „Hochhaus“ führen. Bei den vom Verfasser gepflogenen Erhebungen war der Name allerdings nur in Ausnahmefällen in Gebrauch. In der Regel wurden die Lokalbezeichnungen „Schloßhübel“, „Schlößl“, „Gschlößl“, usw. verwendet. Die undatierte Wehranlage in der OG Überackern, die von Norbert Grabherr als „Hochhaus“ bezeichnet wird, führt die Lokalbezeichnung „Tempelwiese“. 49 Vgl. POLLAK 1992, Nr. 183, 248; POLLAK 1999, 40f.; POLLAK 2018, 38f. 50 Vgl. PREEN 1897

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