Kritische Anmerkungen zum Historisch-topographischen Handbuch der Wehranlagen und Herrensitze OÖ

1217 Schlussbemerkung und Ausblicke Die komplexe Dokumentation der oö. Burgenlandschaft ist ein wichtiges kulturpolitisches und denkmalpflegerisches Anliegen. Norbert Grabherr hat mit seinem „Historisch-Topographischen Handbuch der Wehranlagen und Herrensitze Oberösterreichs“, ungeachtet etlicher Fehler und Mängel, einen ersten verdienstvollen Schritt in dieser Richtung gesetzt. Als einen der nächsten Impulse wäre die Etablierung einer eigenständigen Burgendatenbank für Oberösterreich anzustreben. Es ist zu hoffen, dass dieses Inventarisierungsprojekt, trotz finanzieller Engpässe und politischer Intrigen, in absehbarer Zeit auf die Beine kommt und somit (endlich!) eine umfassende gesamtwissenschaftliche Aufarbeitung der heimischen Burgenlandschaft Wirklichkeit wird. Leider muss man festhalten, dass die oö. Kulturpolitik in der Vergangenheit kaum Interesse an den mediävalen Bauten des Landes, deren Inventarisierung und Unterschutzstellung zeigte. Dieses Desinteresse steht in krassem Gegensatz zu den Bemühungen der Nachbarländer. Das Bundesland Niederösterreich etwa hat bereits vor über einem Jahrzehnt(!) das Projekt einer zeitgemäßen Burgendatenbank beschlossen und entsprechende Fördergelder zur Verfügung gestellt.147 Die Nachbarländer Bayern und Tschechien haben ebenfalls umfangreiche Projekte eingeleitet, welche die Inventarisierung und Bestandssicherung von mittelalterlichen Bauten zum Ziel haben. Auch zur Sicherung des einschlägigen Denkmalbestandes könnte ein Inventarisierungsprojekt für Oberösterreich wesentlich beitragen. Die fortlaufende Zerstörung bzw. Beschädigung unzähliger Anlagen in heimischem Wald und heimischer Flur durch forst- und landwirtschaftliche Maßnahmen ist jedenfalls nicht zu übersehen.148 Ohne wirksame Abhilfe wird sich dieser bedrohliche „Trend“ in den kommenden Jahren noch erheblich ausweiten und zu einem massiven Kahlschlag unter den nicht explizit geschützten Objekten führen. Beim Erstellen dieser Abhandlung musste jedenfalls wiederholt festgestellt werden, dass sich der Erhaltungszustand unzähliger Anlagen in den letzten Jahren drastisch verschlechtert hat. Eine wirtschaftliche Notwendigkeit für die Beschädigungen bzw. Zerstörungen ist aber meist nicht erkennbar. Erstaunlich war die Feststellung, dass sich unter den Vernichtern von kulturhistorisch wertvoller Substanz nun sogar Personen bzw. Institutionen zu finden sind, die sich selber als ‚Kulturträger‘ bzw. als ‚Kulturbewahrer‘ bezeichnen. Eine beängstigende Entwicklung tut sich insofern auf, als Denkmalpfleger und Regionalforscher, die die aus wirtschaftlicher Sicht meist nicht nachvollziehbaren Beschädigungen bzw. Zerstörungen kritisieren, neuerdings mit Dienstaufsichts= beschwerden bzw. mit Einschüchterungsklagen bedroht werden. 147 NÖ Burgen online. Institut für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit. http://noeburgen.imareal.sbg.ac.at/ 148 Erhebliche Beschädigungen mussten etwa bei folgenden Objekten registriert werden: Althagenberg (MG Hagenberg im Mühlkreis), Burgstallberg (MG Klam), Erlach (MG Haslach an der Mühl), Gschloß (SG Leonding), Gugerl (MG Wilhering), Hochkuchl (MG Lohnsburg), Mekchenhoven (OG Meggenhofen), Mühlbach (SG Leonding), Mühlberg (OG Lichtenberg), Morau (OG Sankt Oswald bei Haslach), Sankt Martin I (MG Sankt Martin im Innkreis), Schlossberg (MG Haag am Hausruck), Wesenberg (OG Waldkirchen am Wesen), Liebenstein (OG Arnreit), Wolfstein (MG Sankt Martin im Mühlkreis), Zirkenauer Wald (OG Engerwitzdorf).

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