Linz a.d. Donau - culturhistorisch und topografisch geschildert

— 7 — Das Licht der Kultur erlischt; es wird düster und traurig ringsum. Grabes nacht und Todesschweigen liegen ein halbes Jahrhundert auf Lentia und dem Lande. Die Römer haben sich schon in Wort und Bild in Linz und seiner Umgebung verewigt. Die zahlreichen Ausgrabungen von Tempel- und Bäderüberresten, von Denksteinen und Statuen, von Gefässen und Geräthen, kostbar und edel, von Waffen und Münzen, von Legionsziegeln und Meilensteinen, wie selbe in und um Linz, namentlich bei der heutigen Stadt Enns — dem Lauriacum der Römer — geschahen und noch immer geschehen, erzählen uns, dass auf diesen Gefilden der Römer gelebt und geherrscht hat. Der Ackersmann zieht ruhig mit seinem Gespanne auf dem heute fruchttragenden Boden dahin; das blanke Pflugeisen wirft Stücke geborstener Römersteine aus, die letzten Reste einstiger Grösse, einer längst versunkenen Herr lichkeit, die Scherben des von deutscher Hand zerschlagenen Weltreiches. Das Museum von Linz birgt denkwürdige Römerfunde. Erst um das Jahr 527 n. Chr. entrollt sich wieder ein anderes Bild der Geschichte : III. Linz unter den Bajuvaren. Wir sehen vom Westen her wieder ein fremdes Volk einziehen, in Schlaclilreihen geordnet. Stämmige Männer sind es, mit starkem Nacken, scharfen, blauen Augen und flachsgelben tiaaven. Die Gewandung der Männer ist einfach, schmucklos; nichts Prunkendes wie^bei den Kelten, nichts Weichliches wie bei den am Schlüsse ihrer Herrschaft lendenlanm gewordenen Römern. Ein Stück groben wollenen Tuches, das oberhalb der Schulter mit einer Spange zusammengeheftet, hüllt den Oberkörper ein, die Beinkleider sind aus gleichem Stoffe. Die eine Hand ist mit dem Wurfspiesse oder der Lanze bewehrt, die andere trägt den Schild. Auch grosse starke Frauen ziehen mit ein; sie tragen Linnenkleider mit Purpur streifen, jedoch ohne Aermel. Züchtig schreiten sie einher, blondgelockte, gesunde Kinder führend. Deutschen Stammes sind die Fremdlinge, die sich Bajuvaren oder Baiern nannten. Wir sehen sie mit fleissiger Hand die Ti-ümmer römischer Cultur bei Seite räumen, das wuchernde Unkraut ausroden, Lichtungen in die Wälder schlagen und Raum schaffen für deutsche Ansiedlungen. Die Freien des Volkes theilen das Land unter sich in Gaue. Ein vornehmes Stammoberhaupt erbaut sich an Stefle des gesunkenen Römercastells Lentia eine Burg; unter ihrem Schütze siedeln sich fleissige Menschen an; frisches Leben wächst aus den Ruinen heraus, es beginnt zu pulsiren in dem Orte Lynza, der dem Traungaue zugetheilt wurde. Seit dieser Zeit, also seit 1300 Jahren, erscheint Linz als Heimstätte eines deutschen Volkes; sein Castell ist eine Hochwacht deutscher Cultur und Gesittung geblieben bis auf heute. Wir sehen den heiligen Bischof Ruodpertus, lehrend mit dem Kreuze in der Hand, unter den Einwanderern herumziehen und die Heiden zu Christen bekehren ; als später die Agilolfinger Herrscher im Lande wurden, fanden sie schon ein zu friedenes, damit glückliches Volk. In dieser Zeit entstand das älteste Heiligthum in Linz, die St. Martinskirche, die heute noch besteht. Karl der Grosse, König der Franken und Kaiser der Deutschen, hat bekanntlich die Macht und Herrschaft der Agilolfinger gebrochen, er wurde Herr unseres Landes. An Linz sehen wir die zahllose Flotte von riesigen Holzschiffen, Flössen und Kähnen vorüberfahren, welche den Kriegsbedarf und Proviant für den Heerbann der Franken und Baiern trug, mit welchem Karl der Grosse gegen die Avaren zu Felde zog. Mit gewaltiger Hand drängte er die räuberischen Feinde aus ihren »Ringen« hinaus, welche so gefürchtet waren, wie die gewissen Industrie- und Handelsringe unserer Gegenwart. Nach Abzug der wilden Horden von der nahen Landesgrenze konnte sich Linz allgemach zu einer wichtigen Zoll- und Handelsstation entwickeln; es lag ja an dem Kreuzwege der Völker, die auf der Donau abwärts von West nach Ost, auf der Salzstrasse nach Norden und auf der Eisenstrasse nach Süden zogen. Als werthvolles Kaufobject in jenen fernen Tagen gesucht, fand der aufblühende IDonauort auch seinen neuen Herrn, ein neues Zeitbild rollt sich auf: IV. Linz unter den Babenbergern. Kaiser Karl der Grosse hatte bekanntlich nach Besiegung der Avaren aus den Donaulanden die Ostmark als Herzschild der jetzigen österreichisch-ungarischen Monarchie gebildet. Später herrschte in der Ostmark das edle Fürstengeschlecht der Babenberger als Markgrafen, die sich um Kaiser und Reich den Herzogshut verdienten. Ein Gottschalk, Edler von Hunezberg, dessen Stammburg am Küren berge gelegen — nach Krones ein Ritter von Perg — verkaufte im Jahre 1140 seine Grafschaft Linz mit dem Schlosse und der Altstadt an Herzog Leopold V. Ein Jahr später, am Ostersonntag, verheerte ein Brand den Ort bis auf zwei seiner damaligen Holzhäuser. Doch Linz feierte auch wieder seine Auferstehung, ward

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2