Urbewohner heute noch vielfach fortlebt, hat in Linz, wie an vielen anderen Orten unseres Landes die Spuren seines Daseins, seiner fleissigen Arbeit und seines ziem lich reich entwickelten Kulturlebens hinterlassen, bevor er sich auf dem Todtenbette von Hallstatt zur ewigen Ruhe hinlegte. Erst nach zwei Jahrtausenden hat die Nachwelt diese gestört, die forschende Wissenschaft im Jahre 1846 die weltberühmten iHallstätterfunde« in unserem Lande aufgedeckt. In etwa 1000 Gi-abstatten lageri zur Hälfte verbrannte, die andere Hälfte unverbrannte Skelette aus Keltenzeiten, die Grabgeschenke neben ihnen. Waffen aus Eisen und Schmuck aus Gold, Bronze und Elfenbein, Bernstein, in zierlichster, oft eleganter Arbeit, Kessel und Vasen und Hausgeräthe sind die stummen Zeugen von Keltenbrauch und Tauriskersitte. Keine Schriftwerke, keine Münzen wurden aufgefunden. Vieles mochten die Kelten selbst erzeugt, vieles von ferner lebenden Völkern gegen die Produkte des Feldes, Waldes und der Alpen, namentlich gegen Salz eingetauscht haben, auf dessen Ge winnung sie sich vortrefflich verstanden. Das Linzer Museum enthält einen grösseren Theil dieser berühmten »Keltenfunde«, deren Besichtigung kein Freund der Alterlhumskunde im Allgemeinen, der Landesgeschichte von Oberösterreich im Besonderen, versäumen möge. Doch auch die Tage dieses interessanten Kulturvolkes waren gezählt. Während die fleissigen Kelten in die Tiefen der Berge stiegen, dort nach Salz und Eisen gruben, zogen über ihren Köpfen ländergierige Feinde der Donaugegend zu; es entrollt sich ein zweites, historisch lichteres Zeitbild: II. Linz unter den Römern. Es ist anno 15 vor Christo. Wir sehen abermals Fremdlinge in unserem Lande einziehen. Es sind nicht mehr ungezählte Schaaren, sondern wohlgeordnet in Cohorten, Manipeln, Centurien und Decurien. Silberne Adler werden den Kriegern vorangetragen. Die Legionen der Römer sind es, die mit ihrem kurzen Schwerte den halben Erdkreis eroberten. Drusus und Tiberius, die beiden Stiefsöhne des römischen Kaisers Augustus, beugten ohne nennenswerthen Widerstand auch die Kelten in unserem Lande unter das Joch der Fremdherrschaft. Das freie Jagdge biet der Taurisker wurde der Provinz Noricum ripense (Ufer-Noricum) und damit dem weströmischen Reiche zugeschlagen. Belen, der Sonnengott der Kelten, ver schwindet im geheimnissvollen Dunkel der Haine und an .seiner Stelle werden dem blitzstrahlenden Jupiter der Römer Tempel erbaut. Die Eroberer haben römische Kultur, Sitten und Unsitten in das Land gebracht, bald haben die keltischen Taurisker Alles, nur die Ehre nicht, verloren, ihr Name verschwindet, und die Römer registriren die Besiegten als Noriker. Diese wurden von den an Zahl weit über legenen Siegern rasch aufgesaugt. Kaiser Mark Aurel (161—180 nach Christo) er scheint in unserem Lande. Wir sehen auf seinen Befehl unsere ursprüngliche keltische Ansiedluug mit einem festen Castelle bewehrt, mit einer der «Augenbrauen des Isters«, wie die Römer Ihre Grenzburgen an der Donau nannten. Von Batava castra, der heutigen Innstadt von Passau, bis zum mächtigen Bollwerke Lauriacum (Enns) ward auch in unserem Lande eine Reihe von Befesti gungen angelegt, und Linz — das Lentia der Römer — war ein Glied in der starken Kette, ein rechter »Lueg ins Land<f nach dem jenseitigen Ufer der Donau. Drüben sassen die deutschen Markomanen, die Feinde Roms, der Ister bildete die Reichs grenze. Eine Abtheilung der legio secunda italica, die aus eingeborenen Norikern bestand und sich den Beinamen fidelis, invicta (die treue, unbesiegte) erworben, pflanzt ihren Adler im Castrum von Linz auf. Wir sehen auf dem Ister die römische Flottille dahinziehen zum Schütze der Ufercastelle, auf gutgebahnten Röraerstrassen die Legionen marschiren und die Händler von Colonie zu Colonie wandern. Römische Soldaten sind es, die einen Strahl des Christenthums vom nahen Lauriacum auch nach Lentia tragen. Es lag Frieden auf der Gegend durch das halbe Jahrtausend römischer Herrschaft. Sankt Severin, der Apostel der Donauländer, wirkte in Lauriacum, stand dort als Stern in der Nacht des Heidenthums, er ward zum Leuchtthurm in den brandenden Wogen des Völkersturmes, der von allen Seiten gegen die Donauufer heranbrausie. Es ist das Jahr 482 nach Christo. Vom Westen her steigen Schatten auf, welche die wandernden Völker vorauswarfen. Wir sehen die deutschen Alemanen und die mit ihnen verbündeten Thüringer mit wildem Ungestüme in Ufer-Noricum eindringen, unter ihrem Fusstritte sinken die Ufer-Castelle, Lentia darunter, die blühenden Römer-Colonien, wie Lauriacum (Enns), Ovilabis (Wels), in Trümmer. Diese Verheerung mochte um 48z nach Christo geschehen sein; Gewaltacte und Brandspuren an den ausgegrabenen Römerstätten geben uns heute noch Kunde dass Roms Herrschaft auch in unserer Gegend schmachvoll zu Grunde gegangen.
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