Stadttheater Steyr

ja erst unser eigentlicher Einsatz. Ich sage absichtlich „Ein¬ satz“, nicht weil das Wort in Kriegszeiten besonders populär ist, sondern weil es das einzig richtige ist. Denn hat die Klingel dreimal geschrillt und das Gong zwei mal gedröhnt, so fühlen wir uns wie Soldaten, die einen Sturmangriff machen. Ja, um acht beginnt für uns die Schlacht. Wir setzen uns ein. Für das Werk eines Dichters. Und wir müssen die Schlacht gewinnen, — jede Schlacht! Verlieren wir nämlich auch nur eine, können wir schon unsern Ruf verlieren, unsre Ehre, unsre Arbeit, unser Brot — und damit unser Leben. Denn gelänge es uns auch, in einem andern Beruf unterzuschlüpfen, unser eigentliches Leben wäre damit vorbei. So kämpfen wir also um unser Leben — Abend für Abend von acht bis elf. Das macht schnell alt. Und das erhält uns lange jung. So paradox es klingt: beides trifft zu. Und morgens um neun geht das Theater von vorne los. Möchten Sie nicht Schauspieler werden!? Wir sind Schauspieler. Wir sind es mit Leib und Seele. Mögen wir auch oft das Gegenteil davon meckern. Wir wünschen uns keinen andern Beruf. Wir reißen uns um Arbeit. Sowie wir mal ein bißchen weniger zu tun haben, sobald mal eine Rolle uns zu klein dünkt, gleich laufen wir zu unserm Haupt¬ ling und beschweren uns. Der hat dann Mühe, uns zu beruhigen oder zu vertrösten. Ich kenne Menschen, die froh sind, wenn sie Geld bekommen, ohne dafür viel leisten zu müssen. In der Tat, so was gibt's. Gott sei's geklagt. Völlig entartete Kreaturen. Aber kein Schau¬ spieler, wenigstens kein echter, wahrhaftiger, ist je damit zufrieden, seine Gage zu erhalten, ohne dafür etwas Wesentliches leisten zu dürfen. Er will etwas leisten! Und wenn man ihn nicht läßt, kann er recht rabiat werden. Sind die Schauspieler nicht sehr anständige Menschen! Jeder Mensch hat viele Möglichkeiten. Die meisten Menschen entscheiden sich und werden Kaminkehrer, Bäcker, Jurist, Hochseefischer, Fräser, Offizier usw. Das sind sie und bleiben sie bis an ihr Ende. Und gewöhnlich machen sie sehr bald die Maske, die ihr Beruf ihnen nahelegt. Die eine. Es bleibt ihre einzige. Erst der Tod schminkt sie ihnen mildhändig ab. Auch der Schauspieler hat sich entschieden. Jedoch wozu Sich um keinen Preis zu entscheiden! Nicht eine, sondern viele Masken will er machen. Je mehr, desto besser. So handelt — ein Hochstapler? Gewiß. Aber der Hochstapler tut es, um die Gemeinschaft aus schnödem Eigennutz zu schädigen. Der Schauspieler, durchaus selbst¬ vergessen, der Schauspieler bringt der Gemeinschaft Nutzen: seelischen, geistigen, sittlichen Gewinn! (Fortsetzung auf letztem Blatt) Der Spielplan 1940 (Auszugsweise und mit Vorbehalt von Aenderungen.) Prosa-Werke: Klassiker: Lessing: Philotas. Kleist: Der zerbrochene Krug. Goethe: Egmont. Schiller: Die Räuber. Nestroy: Der Zerrissene. Shakespeare: Ri¬ chard der Dritte. Gogol: Der Revisor. Schauspiele unserer Zeit: Basner: Wind überm Sklavensee. Haupt¬ mann: Rose Bernd. E. W. Möller: Rothschild siegt bei Waterloo. H. H. Ortner: Isabella von Spanien. H. F. Blunck: Kampf um Neuyork. Sudermann: Stein unter Steinen. Zerkaulen: Brommy. Komödien und Unterhaltungsstücke H. Bahr: Der Querulant. Leo Lenz: Hoch¬ zeitsreise ohne Mann. Lenz-Ralph Arthur Roberts: Meine Tochter — deine Tochter. Götz: Dr. med. Prätorius. H. H. Ortner: Das Para¬ diesgärtlein. Schwartz-Lengbach: Der Bräuti¬ gam meiner Frau. F. Paul: Der rote Winkel. Operetten: Klassische Wiener Operette: Johann Strauß: Nacht in Venedig. Heu¬ berger: Opernball. C. Millöcker: Gasparone. F. v. Suppé: Dichter und Bauer. Zeller: Obersteiger. Ziehrer: Landstreicher. Wiener Operette: Franz Lehár: Lustige Witwe Fürstenkind. Robert Stolz: Bauernprinzessin. Benatzky: Liebe im Schnee Zwei Herzen im Drei¬ vierteltakt. Lessen Steinbrecher: Brillanten aus Wien (unter persönlicher Leitung des Komponisten zur Erstaufführung). Moderne Operette: Strauß-Bearbeitung: Nacht am Bosporus. Nico Dostal: Monika. E. Künnecke: Glück¬ liche Reise. Walter Kollo: Marietta. Vetter¬ ling: Dorothee. Kattnig: Balkanliebe. Ray¬ mond: Salzburger Nockerln. Deutsche Märchen: Ab November wöchentl. Märchen-Nachmittage!

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