Festschrift St. Ulrich 1991

Zwar wundert der Mann sich. Allein, er bricht auf. Ist froh , daß er fort darf. Kommt Ulrich darauf wieviel hier versäumt ist, was Schlechtes geschah, scheint's klüger, man ist beim Verhör nicht mehr da. So sattelt er hurtig sein Pferd und zieht hin, die Reise genießend mit heiterem Sinn. Er eilt nicht, schont weit mehr sich selbst als das Tier. Nach Wochen erst klopft er an Ulrichens Tür. ,Wie ist's?"fragt der Bischof. ,,Was sagt man in Rom?" Dumpf läuten die Glocken vom Augsburger Dom. Drauf Rupert: ,, So habe in Rom ich's gehört: Gebete sind mehr als ein Goldpfennig wert." ,Wie breit muß der Pfennig sein? Gab man dir's an?" Doch Rupert verwundert nur „Nein"sagen kann. Ja, wenn du's nicht weißt, mußt du noch einmal fort. Beeil dich und bring mir ein klareres Wort. Verstimmt der Verwalter den Braunhengst besteigt. Der Tag, er war trüb, schon zum Abend sich neigt; es dämmert. Wer blieb da nicht lieber zu Haus'? Und er, kaum gekommen, muß wieder hinaus! Als heimkehrend müd er vorm Bischofssitz hält, sagt Rupert verdrossen: ,, So breit wie die Welt, erklärt man in Rom, müßt ein Goldpfennig sein, deraufwiegen könnte Gebete allein." ,, So breit wie die Welt '; nickt Herr Ulrich voll Ruh. ,,Wie dick und wie schwer fügte niemand hinzu?" Da Rupert verneint, schon steigt Zorn in ihm hoch, meint Ulrich gelassen: ,,Frag dieses auch noch!" So muß der Verwalter aufs neue hinaus. Dabei blieb' er hundertmal lieber zu Haus! Die Frage scheint dumm ihm, der Weg weit und schwer. Wozu das? Er betet schon lange nicht mehr! Doch als er die Alpen totmatt überquert, da hat ein Gewitter ihn's Beten gelehrt. Von Blitzen umblendet, umorgelt vom Sturm, hört leis er die Glocken vom Augsburger Turm. Ach, Augsburg ist weit! Es muß Täuschung wohl sein! Doch mischt in den Donner sich Glockenton ein, wird klarer, ruft werbend. Er glaubt nicht daran , fängt dennoch, arg stotternd zu beten dann an. Als andrer Mensch reitet Rupert nach Haus und richtet dem Bischof die Trostbotschaft aus: ,, Ein Haufen von Gold, der zur Himmelshöh reicht, noch lang nicht dem einfachsten Bittgebet gleicht." Der nickt und hebt lauschend empor seine Hand. Nun hören es beide. Weithin übers Land tönt Glockengeläute, befreiend und rein. ,,Solls ': lächelt der Bischof, ,,Begrüßung dir sein? Einst kränkte dein Schlechttun so sehr einen Mann, daß andächtig beten er nimmermehr kann. Jetzt tut er's. Aufjubeln die Glocken im Dom. Dafür aber mußtest du dreimal nach Rom. Zuerst war es Flucht vor der Strafe, vor mir. Das zweite Mal fiels schon beschwerlicher dir. Doch nun hast du hoffentlich endlich erkannt, was wert ist, was unwert. Jetzt bleibe im Land!" 25 Prof. Hilde Beredik

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