Festschrift St. Ulrich 1991
24 sagt, wenn die Kirche auf das Heutigwerden des christlichen Glaubens bedacht ist, dann sei zu sagen: ,,nirgends wird die Situation, das Le- bensgefühl, aber auch der Fragehorizont des heutigen Menschen so eindrucksvoll darge- stellt wie in der heutigenKunst:' Hier zeigt sich, daß die Pfarrgemeinde nicht die gestrige ist, sondern im Geist der Firmung Verantwortung trägt. Mit der Altarraumlösung zeigt die Pfarr- gemeinde, daß sie versucht, mit beiden Beinen in der Zei t zu stehen und in diese Zeit hinein Zeugnis von der Frohbotschaft zu geben. Dr. Conrad Lienhard t Diözesan-Kunstreferat Die Glocken von Augsburg DerBischof von Augsburg treibts Pferd ständig an. Dabei läuft es selber so rasch es nur kann. Er reitet im Regen, umpfiffen vom Wind, bis Roß und Herr Ulrich am Umsinken sind. Dem Tier nur zuliebe hält manchmal eran, damit das geplagte sich ausruhen kann. Er streichelt den Hals, raunt dem Rappen ins Ohr: ,,Halt durch! In der Heimat geht Ungutes vor. Wirmüssen nach Norden, wir müssen nach Haus! Weshalb blieb das Augsburger Primläuten aus? Ich hab's doch gehört alle Tage bis Rom, das Läuten der Glocken vom Augsburger Dom. Dann wußt ich: Jetzt betet ein Mensch dort für mich, spricht drei Vaterunser. Wie dankbar war ich! Der Alte vom Armenhaus sagte mir's zu. Das gab in der Fremde stets Kraft mir und Ruh. Seit einiger Zeit ist verstummt das Geläut'. Ich höre es nimmer. Ja, Augsburg ist weit. Doch war's mir ganz nah durch des Alten Gebet. Ich fürchte, daß schlimm in der Heimat es steht." Schnell reitet Herr Ulrich, gönnt niemals sich Ruh. Es treibt ihn nach Hause, der Heimatstadt zu. In Augsburg ruft gleich er den Alten herbei: ,,Hast brav du gebetet? Bleibst du mir auch treu?" Der Mann blickt den Bischof gar treuherzig an: ,, Ich habe gebetet so gut ich halt kann. Doch manchmal, ja manchmal, da ging es nicht recht. Ich war öfter zornig. Der Zorn betet schlecht. Denn sieh, dein Verwalter tat Böses an mir, verkürzte die Armen, dient lässig auch dir. Ich mußt immer wieder voll Gram nach ihm sehn, mit bitterem Herzen zum Gottesdienst gehn." ,,Schon gut'; sagt der Bischof, ,,den Rupert schick her." Der tut, als ob alles ganz vortrefflich wär; lobt sich und sein Handeln , erzählt was es gab, will andre verklagen. Der Bischof winkt ab. ,, Du mußt gleich nach Rom, auch wenn's noch so sehr weht. Den Papst sollst du fragen: Was wiegt ein Gebet? Wie wertet es Gott? Und sei bald wieder hier. Ja , streng dich nur an! Aber schone das Tier!" ~ ---
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