Festschrift St. Ulrich 1991

diese Spuren auffinden und noch Jahre später darin wie in einem offenen Buch lesen können. In diesem Sinne ist auch jede Kirchenrenovie- rung ein Psychogramm - in diesem Fall einer Pfarrgemeinde. Wer nun in Ihre Pfarrkirche kommt, spürt die Umsicht und Bedachtsam- keit, spürt, daß der Raum für die gemeinsame Feier der Liturgie gedacht ist und nicht - wie mancherorts - mit einem Wohnzimmer ver- wechselt wird. Das Konzil sagt, daß die Litur- gie der Höhepunkt ist, ,,dem das Tun der Kirche zustrebt und die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt:' Und es ist im höchstenMaß erfreulich, daß die Pfarrgemeinde jenen zentralen Ort der Feier nicht in irgendeinem historistischen und damit ein wenig verlogen gestaltete, sondern im Bekenntnis zu einer klaren und zeitge- mäßen Form zum Ausdruck bringt, daß Kir- che am Ende des 20. Jahrhunderts nicht Phrase ist, oder Folklore, sondern ein wichtiges Fer- ment, Sauerteig in unserer Gesellschaft. ,,Freu- de und Hoffnung, Trauer und Angst der Men- schen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Chri- sti." Was das Konzil damit meint, wird klar, wenn Orte in der Kirche darauf hindeuten, daß die Gemeinde im Heute steht, denn nur dann kann sie mit den Armen und Bedrängten mitle- ben und erkennen, was sie freut und betrübt, sie ängstigt und bekümmert. Bequemlichkeit und Gemütlichkeit sind kaum Kategorien der Botschaft Jesu - auch der sogenannte gute Ge- 23 schmack, das Gefällige und Fesche nicht. Das hat die Pfarrgemeinde erkannt und gibt damit ein Beispiel. Zeichnung Prof. Auer Der Bildhauer Sepp Auer, einer der wichtigen Bildhauer in Österreich, Landeskulturpreis- träger und Professor an der Akademie der an- gewandten Künste in Wien hat einen Altar ent- worfen, der in seiner ganzen Strenge und Schlichtheit, im Wissen um Proportion und Raumperspektive, authentischer Ausdruck zeitgemäßen künstlerischen Gestaltens von hoher Qualität ist. Er ist Tisch, nicht barocki- sierter Sarkophag, nicht Opferstein, sondern Tisch des Herrn. Papst Johannes Paul II. hatge- ___j ~,--- a

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