7 Die Angaben über die Anzahl der angreifenden Flugzeuge am 23.02. weichen stark voneinander ab. Auf deutscher Seite wurden in der Luftschutz-Schadensmeldung19 für diesen Tag nur 30 Maschinen angegeben, in einem Bericht der Wehrmacht die Zahl von 90 Flugzeugen.20 In amerikanischen Quellen ist von 102 Bombern die Rede.21 Die Flugzeuge kamen aus Südwesten, der Angriff erfolgte in der Zeit von 12.10 Uhr bis 12.30 Uhr. Sein Schwerpunkt lag auf den Produktionsanlagen der SDPAG. Zeitzeuge Max Grundner, im Februar und April 1944 als Einsteller im Hauptwerk beschäftigt, erinnert sich an den ersten Luftangriff auf Steyr: „Im Februar ist plötzlich Alarm gegeben worden, aber keiner hat sich deswegen gerührt, es ist alles gemütlich gegangen. Ein Älterer in unserer Gruppe, auch ein Vorarbeiter, hat dann zu mir gesagt: „Max renn´, heute geht´s uns an!“ Wieso er auf diese Idee gekommen ist, weiß ich nicht, aber ich bin deswegen auch nicht schneller hinausgegangen. Hinter dem H-Bau war ein Splittergraben, und da sind wir dann hinein. Aber nicht in angemessener Eile, sondern gemütlich.“22 Als am 23.02. Alarm gegeben wurde, geschah dies zum ersten Mal im Jahr 1944. Bis zu diesem Tag wurden in Steyr 51 Alarmierungen wegen Luftgefahr, Luftwarnung und Fliegeralarm ausgelöst.23 Man war an diese Unterbrechungen des Alltagslebens gewöhnt und dachte sich beim Klang der Sirenen nicht mehr viel, obwohl man ja bereits seit dem Angriff auf die Wiener Neustädter Flugzeugwerke am 13.08.1943 wusste, dass damit auch das Gebiet um Steyr in die Reichweite der alliierten Bomberstreitkräfte gekommen war. Polnische Arbeiterinnen, die sich bereits in dem von Max Grundner aufgesuchten Deckungsgraben befanden, weinten und beteten, da sie schon anderenorts Fliegerangriffe miterlebt hatten. Sie wussten, was nun bevorstehen konnte: „Dann hat es plötzlich zu Rumsen begonnen, aber es war nicht viel los. Nach kurzer Zeit sind wir wieder aus dem Splittergraben herausgekommen, weil schon Entwarnung gegeben wurde. Wir haben da und dort Schäden gesehen, aber die Zerstörungen waren nicht sehr groß.“24 In der Einschätzung durch die Stadtverwaltung bewertete man diesen Luftangriff als leicht. Für die 561 Obdachlosen wurden die „vorgesehenen 6 Obdachlosenstellen vorschriftsmäßig besetzt und eröffnet. Da aber die Schäden gering waren, suchten sich die wenigen Obdachlosen bei ihren Bekannten selbständig Unterkunft. Es wurden deshalb sämtliche Obdachlosenstellen noch in den Abendstunden aufgelöst. Desgleichen wurde mit dem sich 2 Stunden nach der Entwarnung 19 vgl. Zahlenangaben, wenn nicht anders angegeben, aus: „Luftschutz-Schadensmeldung über den erfolgten Luftangriff auf Steyr am 23.02.1944, Schlussmeldung vom 25.02.1944“; OÖ Landesarchiv, C 54, Karton 11, g/44-51 20 vgl. „Kriegstagebuch des Wehrwirtschaftsoffiziers des Wehrkreiskommandos XVII, Eintrag vom 23.02.1944“; Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, T 77/748/1982120 21 vgl. „The Army Air Forces in World War II“ Wesley F. Craven; James L. Cate (Hg.), Band III, University of Chicago Press, Chicago 1951, S. 38 22 Interview mit Max Grundner vom 08.07.2002 23 vgl. Tabelle: „Die Alarmierung der Freiw. Stadtfeuerwehr Steyr im 2. Weltkrieg“; Archiv der FF der Stadt Steyr 24 Interview mit Max Grundner vom 08.07.2002
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