6 fortgeschritten.13 Kurz nach den Angriffen vom Februar 1944 erging durch Oberbürgermeister Ransmayr eine Rundschreiben, dass genaue Kontrollen an den Eingängen zu den Stollen durchzuführen sind, damit keine Ausländer diese bei einem Luftangriff benützen. Weiters dürfen „Kriegsgefangene unter keinen Umständen in die Stollen gebracht werden“, da sonst der „deutschen Bevölkerung die Möglichkeit genommen wird, rechtzeitig sicher unterzukommen.“14 Am 30.05.1944 wurde berichtet, dass sich bei einem Luftalarm zu viele Menschen in die unfertigen Stollen flüchteten. Besonders dramatisch entwickelte sich die Situation im Märzenkeller, den 10.000 bis 11.000 Personen aufsuchten.15 Nach der Ausbombung am 02.04.1944 war Frieda Meindl mit ihrer Familie in einer Notwohnung in Münichholz, wo ebenfalls ein Stollen geschlagen wurde, untergebracht. „Damals ist ein Luftschutzstollen gebaut worden, den haben die KZler machen müssen, und ich erinnere mich noch sehr gut. Wir haben damals gesehen - das war eigentlich das schrecklichste Erlebnis - wie die KZler diese riesengroßen Steine - am Rücken geschleppt haben - und die Wärter hinter ihnen nach, ich kann mich noch gut erinnern. Und die sind natürlich zusammengebrochen, dann haben sie auf die mit dem Gewehrkolben eingeschlagen, also das weiß ich noch, das haben wir einmal so gesehen. Und von dort an haben wir das Küchenfenster nur mehr verhängt, weil wir haben das nicht mehr anschauen können, das war so schrecklich.“16 Im November 1944 mussten auf den verschiedenen Baustellen im Stadtgebiet 90 Kriegsgefangene und 105 KZ-Insassen an der Fertigstellung der Luftschutzbauten arbeiten.17 Bei Kriegsende bestanden im Stadtgebiet von Steyr, neben den oben genannten Anlagen, noch Stollen an der Lauberleite, beim Landeskrankenhaus und beim Teufelsbach. 4. Der erste Luftangriff auf die SDPAG am 23.02.1944 Der erste Luftangriff auf die Industrieanlagen in Steyr erfolgte am Mittwoch den 23.02.1944 durch Bombergeschwader der 15. US-Luftflotte. Der Angriff war gleichzeitig der erste auf ein Ziel im damaligen Gau Oberdonau. Er fällt in die von den Alliierten „Big Week“ genannte Woche vom 20. bis 25.02.1944. In mehreren koordinierten Luftangriffen englischer und amerikanischer Verbände sollte die Deutsche Luftwaffe entscheidend geschwächt werden. Angriffsschwerpunkte waren sämtliche Produktionsanlagen für Flugzeugteile, insbesonders die Kugel- und Wälzlagerindustrie im ganzen Reichsgebiet.18 Somit standen die Industrieanlagen der SDPAG in Steyr ganz oben auf der Liste der Ziele. 13 vgl. „LS-Führerprogramm Zusammenstellung vom 05.04.1944“; Stadtarchiv Steyr, H/g 1680-1943 I 14 Schreiben an den Kommandeur des Schutzpolizeiabschnittes Steyr vom 21.03.1944; Stadtarchiv Steyr, H/g 1680-1943 I 15 vgl. „Schreiben des Oberbürgermeisters von Steyr an den Gauleiter“; Stadtarchiv Steyr, H/g 1680-1943 I 16 Interview mit Frieda Meindl. In: „Das KZ-Nebenlager Steyr-Münichholz. Zwangsarbeit für die Steyr–Werke“ a.a.O. 17 vgl. „LS-Bauten Steyr“; Stadtarchiv Steyr, H/g 1680-1943 I 18 vgl. Ulrich, Johann a.a.O., S. 11
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2