Luftangriffe auf die Industrieanlagen der SDP AG in Steyr 1944/45

2 „Alles raus!“ ruft er. „Das Gebäude brennt!“ Unsere unwillkürliche Bewegung nach der Tür unterbricht er mit einem Wink nach den Fenstern. Vom Dach bis zum Keller ist das Stiegenhaus erfüllt von Flammen. Die Kellerluke liegt hoch. Als man sie öffnet, dringt beißender Rauch herein. Ich beginne heftig zu husten und glaube zu ersticken. Einige Männer stürzen sich zum Fenster und wollen hinaus, aber irgendjemand hindert sie daran, vor den Frauen den Keller zu verlassen. Da packt man mich schon, hebt mich hoch und schubst mich ins Freie, wo alles brandrot gefärbt ist.“1 --- „Die Fabrik war mit einem Stacheldrahtzaun umgeben, und als die Sirenen zu hören waren, wartete niemand mehr, und alle wollten aus der Fabrik heraus. Aber sie wollten uns nicht herauslassen, damit die Arbeiter nicht wegliefen, und die Produktion nicht gestört würde. Und so wollten sie uns nicht herauslassen, aber die Panik erreichte einen Höhepunkt, sodass der Zaun durch den Druck der Menge niedergerissen wurde. ... Wir sind gelaufen mit den anderen Mädchen, die meine Schulfreundinnen waren, wir haben uns noch einen Spaß daraus gemacht, weil tiefer Schnee gelegen ist. ... Nur dann begannen die Bomben wirklich zu fallen, und rund um uns fielen die Bomben. Und immer, wenn sie aufschlugen, spritzte die Erde weg. Der Schnee war ganz fleckig, und da wussten wir, dass es kein Spaß mehr war, und rannten kopflos in ein Waldstück. Die ganze Fabrik war in einem Wald. Da überkam uns Panik, und ich wusste nicht mehr, ob wir auf die Einschläge zuliefen oder von ihnen weg. Aber wir liefen immer in eine Richtung. Und da sahen wir schon, dass es hinter uns brannte.“2 --- „Alle drei Kameraden kamen in nächster Nähe zueinander am Boden an und zwischen ihnen lag die schon vor ihnen gelandete Lukentür des Flugzeuges. ... Sie begannen durch den knietiefen Schnee zu laufen, aber als sie sich zwischen beiden Baumgruppen befanden, sahen sie eine Horde von 6-10 Männern mit Heugabeln, Schaufeln und Knüppeln aus dem Wald auf sie zukommen. ... Gleichzeitig sahen sie drei Uniformierte (vermutlich Landgendarmen) den Hügel in ihre Richtung heraufkommen. ... Sie steuerten den Hügel hinunter in Richtung zu ihrer Auslieferung, um der aufgebrachten Horde Zivilisten zu entkommen, die sie entweder mit Knüppeln erschlagen oder mit Mistgabeln aufgespießt hätte.“3 1 Bericht von N. Hemetsberger. In: Steyrer Zeitung Nr. 9/27.02.64, S. 4 2 Interview mit Stanislava Zvěřinová. In: „Das KZ-Nebenlager Steyr-Münichholz. Zwangsarbeit für die Steyr–Werke“ Ein Filmprojekt von Mauthausen Aktiv Steyr, © Leonhard Weidinger 2001

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