23 14. Schlussbemerkungen Durch die alliierten Luftangriffe auf Standorte wie die der SDPAG und besonders durch die in ihrer Folge einsetzende Verlagerungstätigkeit in der Rüstungsindustrie wurde die deutsche Kriegsmaschinerie entscheidend geschwächt.80 Der Begriff vom „Wunder von Steyr“, der auf den Bombenangriff vom 2. April 1944 bezogen wurde, kann rückblickend für die gesamten Auswirkungen der alliierten Luftangriffe auf die Rüstungsanlagen in Steyr verwendet werden. Vergleicht man andere vom Luftkrieg betroffene Städte in Europa fällt auf, dass angesichts der großen strategischen Bedeutung der Rüstungsindustrie in Steyr und angesichts der räumlichen Nähe der SDPAG zum Stadtgebiet bei den Luftangriffen verhältnismäßig wenig Menschenleben beklagt und relativ geringe Sachschäden festgestellt werden mussten. Die zerstörten Wohnhäuser im Stadtgebiet waren nach wenigen Jahren wieder aufgebaut. Die SDPAG hatte durch die Ausrichtung der Produktion auf Rüstungsgüter und auch durch die nationalsozialistische Beschäftigungspolitik wirtschaftlich enorm profitiert. Arbeitssklaven aus Konzentrations- und Zwangsarbeitslagern erwirtschafteten große Gewinne für die Firma. Neue Fabrikanlagen waren während der NS-Zeit errichtet worden. Neue Maschinen wurden aus Geldern der Wehrmacht, der Luftwaffe und der SS angekauft. Diese und viele Produktionshallen wiesen nach Kriegsende durch die Bombenangriffe zwar Schäden und durch Demontagen Abgänge auf, trotzdem waren die infrastrukturellen Grundlagen für den wirtschaftlichen Wiederaufbau in der Zweiten Republik durch die gewaltige Expansion der Firma im Dritten Reich gelegt worden. Mit der vorliegenden Arbeit wurde versucht, möglichst genaue Angaben über die Toten der Bombenangriffe auf das Steyrer Stadtgebiet zu erhalten. Die vorgelegten Zahlen stellen einen Richtwert dar. Die absolute Opferanzahl wird man vermutlich niemals angeben können. Eine Reihe von Dokumenten aus dieser Zeit ging verloren oder wurde bewusst vernichtet. Man muss aber auch berücksichtigen, dass viele Tote und Verwundete zu Gruppen gehörten, die von den Nationalsozialisten als minderwertig und als Menschen zweiter Klasse angesehen wurden, deren Eintragung in die Opferlisten daher nicht für nötig erachtet wurde. War die medizinische Versorgung für verletzte und verwundete deutsche Staatsangehörige im Jahr 1944 oft nicht mehr ausreichend, so war sie für die ZwangsarbeiterInnen, Kriegsgefangenen und KZ-Insassen, die einen Großteil der Betroffenen der Bombenangriffe in Steyr stellten, äußerst schlecht und damit ihre Überlebenschance sehr gering. Man kann davon ausgehen, dass viele dieser Menschen dann auch in weiterer Folge ihren Verletzungen erlegen sind, oft ohne einen 80 vgl. Perz, Bertrand: „Projekt Quarz“ a.a.O., S. 134f
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