17 über 400.57 Der 02.04.1944 war ein schöner Frühlingstag. Die Wetterbedingungen über Steyr wurden als wolkig angegeben, die Sichtweite betrug 20 km.58 Eine Möglichkeit der passiven Luftabwehr bestand darin, den angreifenden Flugzeugen den Blick auf ihre Ziele durch künstlichen Nebel zu erschweren. Erzeugt wurde dieser Nebel mittels hochgiftiger Chemikalien, die auf der menschlichen Haut schlimme Verätzungen hervorrufen konnten.59 An geeigneten Punkten im Stadtgebiet waren Vernebelungsfässer aufgestellt, die über ein Sprührohr die Chemikalien in die Luft bliesen. Bedienen mussten die Fässer ausländische Hilfskräfte. (Abb. 27) Als nun für Steyr an diesem Palmsonntag Luftalarm ausgelöst wurde, erteilte man den Befehl zur Vernebelung. „Vernebelt wurde, was nur aus den Nebelfässern herauszuholen war.“60 Die dichte Wolke künstlichen Nebels, die sich über die Stadt gelegt hatte, wurde aber vom aufkommenden Wind in Richtung des südöstlich von Steyr gelegenen Ramingtals getrieben. Eine Schilderung der Situation beim Anflug auf Steyr gab der amerikanische Major Alvin E. Croons: „Die Angriffsachse auf die Steyr Daimler Puch Werke laut Feldorder lag bei 320°. Beim Annähern auf das Ziel wurde deutlich, dass eine Wolke das Ziel verhüllen würde, sodass ein Blind-Bombing hätte erfolgen müssen. Auf der anderen Seite war das Wälzlagerwerk klar sichtbar und es wurde noch nicht bombardiert. Zu diesem Zeitpunkt entschied der Group-Leader Lt. Col. Kenneth A. Cool das offene und weit wichtigere Ziel zu bombardieren.“61 150 Spreng- und 250 Brandbomben wurden am Areal des Wälzlagerwerks gezählt. Trafostation, Tankanlage und die Hallen II, III und V wurden bei diesem Angriff vollständig zerstört. An der Werksküche sowie an den Hallen I und IV wurden schwere Schäden festgestellt. (Abb. 21, Abb. 23 bis 26) Das Hauptwerk wurde mit 10 Spreng- und 132 Brandbomben nur leicht getroffen. Zwei Baracken des Bauhofs wurden total zerstört. Schäden an der Flumo-Halle wurden als mittelschwer eingestuft, das Gusswerk, das Billek-Lager, der H-Bau, die Härterei und das Ersatzteile-Lager wurden leicht beschädigt. In Wohngebiete trafen 60 Spreng- und 165 Brandbomben. Dabei wurde das Wohnlager Hammer schwer getroffen. 18 Baracken brannten vollständig ab. 980 Personen, davon 450 Ausländer, wurden obdachlos. Aus einem Bericht der Stadtgemeinde erfährt man, dass im Lager „700 Personen an ihrem Hab und Gut total geschädigt“ wurden.62 Für sie leitete man Hilfsmaßnahmen ein. 30 Gebäude wurden im restlichen Stadtgebiet völlig zerstört, 27 schwer, 34 mittelschwer und 245 leicht beschädigt. 640 Bewohner dieser Häuser mussten in Obdachlosensammelstellen betreut 57 vgl. Handelsberger, Anton: „Der Einsatzflughafen Fels/Wagram“ a.a.O., S. 72ff 58 vgl. „Luftgaukommando XVII. Einflug-Abendmeldung vom 02.04.1944“; Archiv der Republik/08/DWM /LA, Luftangriffe 1938-45, Karton 1, Mappe 10 59 Interview mit Frieda Meindl vom 01.03.2002 und Interview mit Leopoldine Grundner vom 08.07.2002 60 Chronik der Stadtpfarre Steyr, S. 267 61 Handelsberger, Anton: „Der Einsatzflughafen Fels/Wagram“ a.a.O., S. 78 62 vgl. „Bericht über den am 02.04.1944 erfolgten Luftangriff auf die Stadt Steyr vom 13.04.1944“; Stadtarchiv Steyr, C/a 12111944, 2311-1945
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