9 5. Der Tagesangriff am 24.02.1944 Wie es in der strategischen Planung der „Big Week“ vorgesehen war, flogen die Maschinen der 15. US-Luftflotte einen Tag nach dem ersten Luftangriff einen zweiten Angriff auf die Werkshallen der SDPAG. In der Luftschutz-Schadensmeldung für den 24.02.1944 wird angegeben, dass in der Zeit von 13.05 Uhr bis 13.15 Uhr etwa 100 Flugzeuge in drei Wellen, zuerst aus Süden, dann von Westen kommend, die Anlagen der Steyr-Werke attackierten.29 Von amerikanischer Seite werden 114 gestartete Bomber angegeben, 87 gelangten bis nach Steyr. 146 Jagdflugzeuge begleiteten diesen Verband.30 Eine Erfahrung, die die Einwohner von Steyr beim ersten Angriff gemacht hatten war, dass die Deckungsgräben gegen den Treffer einer Sprengbombe keinen Schutz bieten konnten. Bei den Angriffen auf Steyr wurden aber hauptsächlich Bomben dieser Art eingesetzt. Max Grundner berichtet: „Am nächsten Tag wurde die ganze Sache schon ernster genommen, nicht mehr bagatellisiert. Mir hat es im Splittergraben nicht mehr gefallen und so bin ich zum Tor hinaus. Ich habe dort einen Mann getroffen und gemeinsam sind wir in den Wald geflüchtet. Nach dem Angriff haben wir dann gesehen, dass viele Hallen im Werksgelände stark beschädigt waren: die Flumo, der H-Bau, der C-Bau ... Und dann begann natürlich die Suche nach den Angehörigen.“31 Dieses Mal trifft es die Menschen in Steyr schwerer als am Vortag. Es sollte der opferreichste Luftangriff im 2. Weltkrieg auf die Stadt bleiben. Im Objekt XIII der SDPAG in der Schaftgasse wurden beim Ausbruch des Angriffes die dort internierten und arbeitenden italienischen Kriegsgefangenen eingeschlossen, die Wachmannschaft verzog sich in den nahen Luftschutzbunker. Diese Italiener, die ja bis zum Juli 1943 Verbündete Nazideutschlands waren und dann nach dem Sturz des faschistischen Diktators Mussolini zu Gefangenen gemacht wurden, konnten nach zwei Bombentreffern nicht mehr aus der brennenden Fabrikhalle entkommen. (Abb. 5 und 6) Die Tore wurden nicht geöffnet, niemand kam ihnen zu Hilfe. „An den ausgeglühten Fenstergittern findet man sie, noch im Tod wie um Hilfe flehend die Hände ausgestreckt.“32 Für 60 Italiener wurde noch im August 1944 ein Denkmal am Steyrer Friedhof errichtet.33 Dort befindet sich auch eine Gedenktafel für 21 französische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen, von denen 11 beim Bombenangriff am 24.02. direkt getötet wurden. Drei Personen waren bereits durch die Bombardierung am Vortag ums Leben gekommen, die anderen erlagen ihren Verletzungen in den folgenden Tagen und Wochen. 28 vgl. ebenda, S. 49 29 Zahlenangaben, wenn nicht anders angegeben, aus: „Luftschutz-Schadensmeldung über den erfolgten Luftangriff auf Steyr am 24.02.1944, Schlussmeldung vom 02.03.1944“; OÖ Landesarchiv, Verzeichnis C 54, Karton 11, g/44-51 30 vgl. „The Army Air Forces in World War II“ a.a.O., S. 39 31 Interview mit Max Grundner vom 08.07.2002 32 Steyrer Zeitung Nr. 8/20.02.64, S. 4 33 vgl. „Am Grabe der italienischen Bombenopfer nach 50 Jahren“ In: Amtsblatt der Stadt Steyr Nr. 6/1994, S. 22
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