Im 12. Jahrhundert stand Enns unter der Herrschaft der Markgrafen von Steyr. Damals war der Ort einer der bedeutendsten Handelsplätze an der Donau. Schon Markgraf Ottokär V. hatte für den Ort (Villa) Enns Markt- und Handelssatzungen erlassen, die sein Sohn, der Herzog Ottokor VI. im Jahre 1191 auf Ansuchen der Regensburger Kaufleute erneuerte, damit den fremden Kaufleuten aus Köln, Aachen, Mastricht und Ulm nicht andere Abgaben auferlegt werden, als die von seinem Vater angesetzten. In der betreffenden Urkunde wird von einer Anlände (portus), von Amtspersonen (judices) und einer Marktzeit gesprochen. Mit dem Hafen ist Enghagen gemeint. ■ Einige Jahre vor dem Erlaß der Marktsatzungen für Enns fand hier ein Vertrag statt, der für die Geschichte Österreichs von großer Bedeutung war. Die Vergrößerung des Stammlandes, die im Jahre 1156 begonnen hatte, fand am 17. August zu Enns ihre Fortsetzung. Hier setzte der letzte der Markgrafen von Steyr, der sieche, söhnelose Herzog Ottokar VI., mit Zustimmung des Adels Steiermarks den Herzog Leopold von Österreich zum Erben seiner Länder ein. Durch den Anfall Steiermarks wurden die Grenzen des baben- bergischeu Herzogtums nach Süden bis an die Save vorgeschoben. Ein für den Ort Enns selbst wichtiges Ereignis war die Verleihung des Stadtrechtes an den Ort (villa) Enns durch Herzog Leopold den Glorreichen. Ob Wien in der gleichen Sache voranging, ist nicht erwiesen, die vorhandene Urkunde darüber ist jedenfalls jünger als die Ennser vom Jahre 1212. Durch das Stadtrecht wurden die Bewohner (cives) unter die Gerichtsbarkeit eines landesfürstlichen Richters gestellt, bestimmte Strafen für Vergehen festgesetzt, zivilrcchtliche Satzungen erlassen, schließlich eine Art Rat für die Stadtverwaltung aus Bürgern errichtet, gegen dessen Entscheidung der landesfürstliche Richter nicht einzugreifen das Recht hatte. Im Ennser Stadtrecht des Jahres 1212 ist auch jene berühmte Stelle enthalten, nach welcher jedem Bürger sein Haus eine Burg sein soll, die iich auch in der englischen magna charta vom Jahre 1215 vorfindet. Als im Jahre 1276 die Stadt Enns den heranziehenden Kaiser Ruoolf keinen Widerstand in der Fortsetzung seines Marsches entgegcnbrachte, bestätigte dieser in zwei Urkunden Stavtrecht und Handelsvorrechte der Bürger. Durch die Ausnützung der Handelsrechte bekamen die Bürger unter anderem den ganzen Salzhandel ins Machland und einen Teil des Donauhandels auf- und abwärts in die Hand. Enns bekam Handelsrechte, die aufwärts bis Gmunden und Lambach Geltung hatten. An Streitigkeiten mit den benachbarten Orten Mauthausen, Grein, fehlte es nicht, da jeder Ort an den gewinnbringenden Handel teilnehmen wollte. Durch- die den Bürgern seit altersher gewährten Handelsvorteile sammelte sich Reichtum bei ihnen. Eine große Zahl milder Stiftungen an Kirchen und Spitäler verdankt ihr Bestehen dem Vermögen der Bürger. Die Stiftung des Spitals 59 8*
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