Stand und Ständeordnung im Weltbild des Mittelalters

- 3 - Forschungsergebnisse Schwers berufen, ebenso Michael Seidlmayer in seiner Schrift „Das Mittelalter" (Regensburg 1948). In Amerika, wo Theodor Brauer und Franz Müller bei ihren Vorlesungen an den Universitäten St. Paul (Minn.) und St. Louis (Mo.) auf Schwers Forschungen über die mittelalterliche Ständeordnung hinwiesen, wurde kurz vor Beginn des zweiten Weltkrieges eine Übersetzung dieser Schrift vorbereitet. Ungünstige, durch den Krieg und manche Nachkriegsereignisse bedingte Umstände verhinderten bisher den Abschluß und die Veröffentlichung der Übersetzung. Als nach dem vorläufigen Ende des zweiten Weltkrieges die Dringlichkeit einer gründlichen Sozialreform in Europa, Amerika und anderswo fast von jedermann eingesehen wurde, stellten die katholischen Christen das in päpstlichen Weisungen gezeichnete Ordnungsbild einer leistungsgemeinschaftlich gegliederten Gesell– schaft in die allgemeine sozialreformerische Diskussion hinein. Es ist sehr wichtig, zu erkennen, daß es für dieses Ordnungsbild kein mittelalterliches Vorbild gibt; denn die Sozialstruktur des Mittelalters war in entscheidender Weise geburtsständisch geformt. Die Forderung eines demokratischen Umbaues unseres sozialen Lebens durch Bildung großer Leistungsgemeinschaften weist uns also nicht zurück zum Mittelalter, sondern zum Wagnis einer Sozial– gestaltung, die zwar nicht ohne theoretische und ethische Ansätze schon im Mittelalter, aber doch ohne ein in der Geschichte ver– wirklichtes Vorbild ist. Das hat Schwer in dieser Schrift unwider– legbar gezeigt. Aber die romantischen Vorstellungen von einer vorbildlichen christlichen Sozialordnung des Mittelalters haben ein zähes Leben. Christliche Sozialwissenschaftler von besserer Einsicht haben daher gewünscht, daß diese seit Jahren vergriffene Schrift neu aufgelegt werde. Der Verfasser jedoch war wegen Krankheit und Alters– schwäche nicht mehr in der Lage, die neue Auflage vorzubereiten. So habe ich, von meinem verehrten Lehrer und Vorgänger kurz vor seinem Tode beauftragt, und von meinem Kollegen Prof. Franz Steinbach, Bonn, in dankenswerter Weise beraten, die Schrift unverändert wieder herausgegeben. Über die Punkte, in denen ich eine nicht geklärte Problematik dieser Schrift sehe, handelt das Nachwort. Rheinbach bei Bonn, im März 1951. Nikolaus Monzel

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