Stand und Ständeordnung im Weltbild des Mittelalters
- 64 - gegen euch Ehrfurcht haben weit und breit um euch; und reitet schön und gehet schön und habt Burgen und schöne Frauen. Darum sollt ihr Tag und Nacht trachten, wie ihr Gott dafür danken könntet. Nun, er will von euch sonst nichts, als daß ihr guten Frieden machet und rechtes Gericht haltet. " 1 Werner Rolevincks Schrift „Origo nobilitatis" zeigt schon in ihrem Titel, wie vordringlich diese Frage nach der inneren Berechtigung eines Adelsstandes, die übrigens bei Johannes GuaJlensis in dem Kapitel „De vera nobiJitate" bereits recht vernehmlich anklingt 2 , gegen Ende des Mittelalters geworden sein muß. Daß er nach wie vor im gesellschaftlichen Aufbau seine Stelle hat, wird nicht bezweifelt. Aber ihrem Wesen nach bedeutet diese nichts anderes, als das „honorabile officium" nicht zu schaden, sondern zu nützen. Und die Ehre, die ihm zuteil wird, gebührt „potius operationi quam successioni, potius virtuti quam sanguini , potius meritis quam votis". Darum ist ein wahrer Adel auch erst im Christentum möglich geworden 3 • AJler Ordnung widerstrebt es, wenn die Laien, die Adeligen und die Gemeinen, kirchliche Einkünfte und Rechte für sich beanspruchen, ohne kirchlichen Dienst dafür zu tun, die Messe zu lesen oder die Sakramente zu spenden. Darauf beziehen sich die beständig sich wiederholenden Klagen der durch ihre welt– lichen Vögte bedrängten und übervorteilten Kirchen und K1öster 4 . Aber nicht minder unerbittlich vertritt der hJ. Bernhard auch dem Klerus gegenüber das ständische Prinzip, daß der Rang nicht von der Leistung zu trennen ist, der Lebensgenuß nicht von der Arbeit. Neuere Forschungen 5 haben nachgewiesen, daß in den „Dec1amationes" eines seiner Begleiter auf der Rheinreise 1146/47, des Gaufried von Auxerre, höchstwahrscheinlich die berühmte Predigt erhalten ist, die der große Heilige am 1 Von den drei Mauern (Pfeiffer I, 363 f.) . - Ähnlich Johannes von Salis– bury (Policraticus V, c. 7 u. 10); Johannes Guallensis (Communiloquium P. I, Dist. 9); Frater Ludovicus (Franz, Drei Minoritenprediger 99). 2 Communiloquium III Dist. 3 c. 2. 3 Origo nobilitatis, Köln c. 1475. 4 Jakob de Vitry Serm. vulg. 60 (Pitra, a. a. 0 . 435). Unaufhörlich beschäf– tigen sich auch Synoden und Konzilien mit diesem Übelstand. Vgl. die Meßfor– mulare „Contra infestationem tyrannicarn", ,,Contra invasores" u.ä. bei Ad. Franz, Die Messe im deutschen Mittelalter, Freiburg 1902, 204. 5 Jos. Greven, Die Kölnfahrt Bernhards von Clairvaux, in: Annalen d. Histor. Vereins f. d. Niederrhein H. 120, 1 ff.
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