Stand und Ständeordnung im Weltbild des Mittelalters

- 63 .:..._ aber auch durch seine Tugenden vor anderen sich auszeichnen muß. Denn die „Ehre", die ihm zuteil wird, ist „nichts anderes als der Ausdruck der Ehrerbietung, die der sittlichen Leistung gebührt". Besonders packend weiß wiederum die Beredsam– keit Bertholds von Regensburg diesen Gedanken zu gestalten. „Und darum seid ihr den Gotteskindern hienieden schuldig, daß ihr sie schirmet vor Dieben und Räubern, vor Brandstiftern, Juden, Heiden und Ketzern, vor Meineidigen und vor unge– rechter Gewalt. Euch sind die Hohen samt den Niederen be– fohlen: die Pfaffen und die geistlichen Leute, die Witwen und die Waisen, die Ledigen und die Eheleute allesamt. Denn unser Herrgott hat euch gar große Ehre und Out darum verliehen und schönes Leben, und hat euch anderes nicht zu schaffen gegeben, als daß ihr ihm seinen edlen Schatz wohl behütet und bewahrt, sofern er euch befohlen ist und euch Gott dazu geordnet hat. Das soll euer Schachspiel sein, eure Vogeljagd, euer Zeitvertreib und eure Kurzweil. " 1 Nicht um des Krieges, sondern um des Friedens willen führt der Ritter das Schwert. Alle Ordnung wird geradezu in ihr Gegenteil verkehrt, aus der „militia" wird eine „malitia", aus dem „defensor" ein „invasor", wenn er die Waffe, die er gegen die Feinde des Rechts und der Kirche erheben sollte, zum Angriff gegen die eignen Volks- und Glaubensgenossen schärft 2 • Darum die kirchliche Schwertweihe - schon im 11. Jahrhundert treten in den liturgischen Büchern die ersten Weiheformeln auf 3 ~, bei der, wie der König seine Krone, so der Rittersmann Wehr und Waffen als ein Gotteslehen vom Altare nimmt, um damit Gottes Willen zu vollstrecken. Die Erinnerung an diese feier– liche Stunde kehrt gleichfalls öfters wieder. ,,Darum segnet man euch das Schwert, so ihr zuerst Ritterschaft empfanget: das ist ein Zeichen, daß ihr dazu geordnet seid von Gott, daß ihr der Christenheit verbunden seid zu rechtem Gerichte." Nur dann, wenn die vornehmen Stände dessen eingedenk bleiben, haben sie sittlichen Anspruch auf ihre gesellschaftliche Stellung. ,, Euch hat Gott fürwahr gar große Würde auf Erden gegeben; man muß vor euch knien und vor euch aufstehen, und muß 1 Von den 10 Chören der Engel (Pfeiffer I, 144 f.). 2 Alanus ab Insulis (Migne PL 210, 186). 3 Ad. Franz, Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter, Freiburg 1909, 11, 290 ff. - Schnürer, a. a. 0 . II, 271 ff.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2