Stand und Ständeordnung im Weltbild des Mittelalters

eine dreifache Ordnung zurück: die „optimates" an der Spitze, der „populus honorabilis" der Bürger in der Mitte und der „vilis popuius" als Basis der Herrschaftspyramide 1 . Man wird eben nicht vergessen dürfen, daß Thomas nach Herkunft und Heimat gewiß der feudalen Ordnung innerlich weit näher stand, als die zeitgenössischen Volksprediger, etwa ein Jakob von Vitry oder gar ein Berthold von Regensburg und seine Ordensbrüder. d) Nunmehr klärt sich auch einigermaßen die Verwendung der Bezeichnungen status einerseits, und ordo, officium, conditio andererseits im mittelalterlichen Sprachgebrauch. Von ver– einzelten Ausnahmen abgesehen gelten bis weit über die Höhe des Mittelalters hinaus als „status", also „Stände" i111 Vollsinne, durchweg nur die großen Gliedgemeinschaften der natürlichen und übernatürlichen Lebensordnung: Klerus und Laien, Welt– geistliche und Ordensleute, Männer und Frauen, Eheleute und Ledige, Gerechte und Sünder, Auserwählte und Verworfene. Auch die lateinischen Predigten Bertholds halten an dieser Überlieferung fest. Der „status" bezeichnet, wie schon j. Haessle 2 richtig gesehen hat, eine Seinsvollkommenheit. Er ist ein Lebensstand, der im Wesen des Menschen als eines Gliedes der Natur- und Gnadenordnung fest verwurzelt ist Folgerichtig läßt daher auch Thomas vor allem Freiheit und Knechtschaft den Stand begründen. Denn bezeicl!nende:rweise ist ihm ja gerade Freiheit und Unfreiheit etwas, was nicht - wie etwa Armut und Reichtum, Patrizier und Plebejer - dem Menschen nur äußerlich anhaftet und der Veränderung unterliegt. Sondern eignen oder fremden Rechtes sein rührt an die Grundlagen des Seins und Daseins, verleiht ihm eine gewisse Unveränderlichkeit und Unbeweglichkeit. Auch hier bleibt also der herkömmliche Begriff des Standes völlig unangetastet. Die überfülle herrschaftlicher, genossenschaft– licher und beruflicher Gli ederungen, die den weiten Raum des gesellschaftlich-wirtschaftlichen Lebens ausfüllt, tritt dagegen in der älteren lateinischen theologischen und homiletischen Literatur fast immer unter den Namen „ordo", ,,gradus", ,,con– ditio" oder „officium" auf. Hier kommt dann auch die gesell– schaftliche Leistung zu ihrem Recht, indem auch Thomas auf die formale Verschiedenheit der geseilschaft]ich-beruflichen Be– tätigung die einzelnen „officia" zurückführt, auf die Besonderhei t 1 Summa theol. I qu. 108 a. 2 Resp . " Das Arbeitsethos der Kirche, Freiburg 1923, l20 ff.

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