Stand und Ständeordnung im Weltbild des Mittelalters
- 32 - Leistungen, so fügt sich auch der Handwerker und Kwfmann diesem großen Gesellschafts-, Rechts- und Wirtschaftsbau ledig– lich als Stadtbewohner und durch den Herrschaftsfaktor der Stadt ein, nicht auf Grund seiner Betätigung als Handwerker oder Kaufherr 1 . Den landläufigen Vorstellungen von der Bedeutung des mittelalterlichen Zunftwesens als eines gesellschaftspolitisch– ständischen Baugliedes schwebt übrigens auch viel zu sehr das Bild der wenigen größeren Städte mit einem reichentfalteten Gewerbewesen vor, während in den vielen kleinen und kleinsten überhaupt nur für ganz wenige Berufe eine zünftlerische Zusam– menfassung möglich war 2 • Die Berufsgenossenschaft in Stadt und Land hat struktureJJ nur die eine, allerdings nicht zu unter– schätzende Bedeutung gehabt, daß ~ie dem einzelnen in der Gemeinschaft Schutz gegen die Härten und Übergriffe der herr– schenden Stände gewährte und ihm soviel Selbstbestimmungs– recht sicherstellte, als in der bestehenden Herrschaftsordnung unterzubringen war. 2. Der ideologische Überbau. Der kaum zu überschätzende Einfluß, den die Kirche und ihre religiöse Gedankenwelt auf den mittelalterlichen Menschen ausgeübt hat, muß nunmehr die Frage aufdrängen, wie sie sich mit der herrschaftsständischen Ordnung abgefunden habe, deren Aufbau sie selbst als eines der wichtigsten seiner tragenden Glieder angehörte. Die Antwort wurde schon eingangs andeutend vorweggenommen. Die Kirche hat ihrerseits diese in ihren Grundzügen vorgefundene Gese]Jschaftsstruktur nicht nur an– erkannt, sondern auch religiös unterbaut und befestigt - solange in den Menschen selbst die Willigkeit, sich ihr zu unterwerfen, noch unerschüttert war, und für eine neue, freiheitlichere Ordnung noch alle wirtschaftlichen und geistigen Voraussetzungen fehlten. Sie hat ihre schlimmsten Härten unaufhörlich zu mildern, si e von innen her zu versittlichen und im Sinne christlicher Gerech– tigkeit und Liebe umzugestalten versucht. Ihre Grundlagen aber läßt sie unangetastet, ja mit Aufbietung ihrer ganzen gei– stigen und moralischen Kraft stellt sie sich schützend vor eine Ordnung, deren Zusammenbruch damals noch ein Chaos bedeutet 1 Heinz Brauweiler, Berufsstand t:nd Staat, Berlin 1925, 27ff. 54; Fritz Schneider, a. a. 0. 441. 2 Bechtel, a. a. 0. 46ft.
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