Stand und Ständeordnung im Weltbild des Mittelalters
- 31 - ersetzt, in der Folge zugleich mit der Umbildung des älteren Dienstverhältnisses in ein Vertragsverhältnis immer mehr Boden gewinnt, während der Ausdruck „ Knecht" sich nur noch bei einzelnen Handwerken erhält1. Auch über den innerstädtischen Raum und die Ordnung der lokalen Berufsangelegenheiten hinaus hat sich die städtische gewerbliche Einung fast ebensowenig zur Geltung gebracht, wie die bescheidenere ländliche Genossenschaft. Die bestehende Ordnung im berufsständischen Sinne umzubauen ging über ihre Kraft, aber gewiß auch über ihr Wollen hinaus. Spätere Zu– sammenschlüsse und „Beredungen", die sich über größere land– schaftliche Bezirke erstreckten, dienten immer nur der Regelung von Einzelfragen, vor allem der gemeinsamen Abwehr von Ge– sellenforderungen, die nur durch interlokale Maßnahmen durch– geführt werden konnte. Zu weit bedeutsameren beruflichen Vereinigungen bringt es der mittelalterliche Kaufmann in der Hansa und den Städtebünden. Man darf aber nicht übersehen, daß auch diese ebensosehr von kühnem Unternehmungsgeist wie von ausgeprägtem Gemeinschaftssinn zeugenden Gründungen doch ebenfalls zuletzt nur der Förderung und dem Schutz der eignen Handelsinteressen dienten, an irgendeine Gemeinschafts– arbeit mit anderen Ständen nicht dachten und in den späteren Städtebünden sogar oft genug engherzige Sonderwünsche den größeren Gemeinschaftsinteressen voranstellten 2 • Um zusammenzufassen: Die größere Freiheit und Unabhän– gigkeit, die sich die mittelalterliche Stadt innerhalb einer auf Grundbesitz, Geburt und Herrschaft begründeten sozialen Ord– nung zu erringen vermochte, eröffnete auch dem genossenschaft– lichen Eigenleben ihrer Bürger einen weiteren Spielraum, als den nur sehr kümmerlicher Selbstbestimmung sich erfreuenden bäuerlichen Einungen. Aber die in der Grundlage und im Aufbau herrschaftliche Struktur der damaligen Wirtschaftsgesellschaft haben sie selbst in der Zeit ihrer höchsten Blüte ebensowenig verändert, wie diese. Wie der adelige Lehnsherr und der Dienst– mann, der Ritter und der Bauer, der grundbesitzende Adel und der Hintersasse, der Freie und der Hörige nur durch das Lehns-, Hof- und Dienstrecht ihren Platz in der mittelalterlichen Gesell– schaft erhalten, nicht aber primär durch irgendwelche berufliche 1 Das. 111. 2 Bühler, Bauern, Bürger, Hansa, a. a. 0 l08 f.
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