Stand und Ständeordnung im Weltbild des Mittelalters

- 18 - a) Das Gerüst dieses herrschaftsständischen Aufbaus bleibt unangetastet, auch als weitere Stände sich einschieben, die ursprünglich auf Dienst und Leistung sich gründen, somit unver– kennbar wenigstens in ihren Anfängen als Berufsstände anzu– sprechen sind: die hohe Beamtenaristokratie der Merovinger– und Frankenzeit, der aus dem Königsdienst hervorgehende niedere Adel der Ministerialen und der Klerus der Kirche. Denn für alle drei ist eben das bezeichnend, daß sie entweder ihren berufs– :;tändischen Charakter nicht dauernd bewahren, sondern ihre endgültige Einordnung in die Gesellschaft zuletzt doch wieder auf der Basis des alten Systems (Blut, Erbe, Besitz, Herrentum) erreichen; oder aber, daß sie diesen Zutritt zur bestehenden Ordnung nicht finden, darum aber auch für die gesellschaftliche Struktur fast keine Becteutung erlangen. Das erstere gilt zunächst für den älteren fränkischen Amts– ade 1. Im Besitze von Reichsämtern, die, auf Grund überlegener Tüchtigkeit persönlich verliehen, alsbald erblich wurden, und mit Grund und Boden belehnt, ging er um so mehr im grundherr– lichen Besitzadel auf, je mehr Amt und Dienst an Bedeutung gegenüber dem gesellschaftlichen Rang und Einfluß zurück– traten, den die Stellung in der feudalen Ordnung gewährte. Beide Gruppen verschmelzen zum hohen Adel, der sich alsbald schon nach außen hin vollkommen abschließt, und zu dem nur noch die standesmäßige Geburt, nicht irgendein Amt oder irgend– eine Leistung Zutritt gewährt1. Ebensowenig vermag sich der Stand der Ministerialen, der Ahnherren des späteren niederen Adels, der seit dem 12. Jahrhundert langsam aufsteigt, als Berufsstand zu behaupten 2 • Auch er ist ursprünglich ein echter Dienstadel, wie schon der Name (ministerialis, servus, serviens) andeutet; teilweise sogar aus unfreier Geburt zu persönlichem Hof-, Herren- und Waffen– dienst , ein „Adel der Auslese", berufen. Also anscheinend ein echter Durchbruch durch die sonst durch Abstammung und Besitz aufgerichteten Schranken, und seit 1300 ein Überflügeln der hundert Jahre zuvor noch übergeordneten Vollfreien. Doch 1 G. v. Below, ,,Adel" in: Handwörterbuch d. Staatswissenschaften, 3. Aufl. 1, 41 ff.; Aloys Schulte, Der Adel und die deutsche Kirche im Mittelalter (Kirchen– rechtliche Abhandlungen, herausgegeben v. Ulrich Stutz H. 63/64), Stuttgart 19IO, 261. 2 Schulte, a. a. 0 . 21 ff.

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