Stand und Ständeordnung im Weltbild des Mittelalters
1. Der herrschaftsständische Aufbau der mittel– alterlichen Gesellschaft. 1. Der gesellschaftlich-wirtschaftliche Unterbau. Als das Christentum aus der Antike in die germanische Völkerwelt übertrat, fand es hier eine ausgeprägt herrschafts– s t ä n d i sc h e Ordnung vor. Ob ihr, wie die Markgenossenschafts– theorie will, eine frühere Periode der Vergemeinschaftung freier, gleichberechtigter Sippen- und Stammesgenossen voranging, die dann erst hernach durch einen aufsteigenden Grundadel mit freien Gefolgsleuten, Knechten und Sklaven durchbrochen wurde , oder ob mit Alfons Dopsch schon für die germanische Frühzeit grundherrliche Verhältnisse mit Abstufung in Freie, Halbfreie und Unfreie vorauszusetzen sind1, ist zwar für die Erklärung des später in üppiger Fülle sich entwickelnden mittelalterlichen Genossenschaftswesens nicht ohne Bedeutung, kann aber hier außer Betracht bleiben. Jedenfalls war der herrenständische Aufbau mit seiner trotz aller späteren Verschiebungen und An– gleichungen für die ganze Folgezeit grundlegenden Dreiteilung in Ad el, Freie und Halbfreie, Unfreie da, als das Christentum mit den jungen Völkern jenseits der Alpen in Berührung kam, und hat bald auch in den zahlreichen Stammesrechten seinen Nieder– schlag gcfunden 2 • An dem Gefüge dieses auf Blut, Macht, Besitz und geistige Überlegenheit gegründeten Systems ist auch bis zum Au sgang des Mittelalters nichts wirklich Grundlegendes geänd e rt worden. Ja, in diese Ordnung ging alsbald die Kirche selbst ein, und verankerte durch Einfügung in deren feudale Gfü,dcrung ihre eigne Stellung in der mittelalterlichen Gesell– schaft sowohl wirtschaftlich wie politisch. Sehen wir im ein– zelnen zu. 1 A. Dopsch, Wirtschaftliche und soziale Grundlagen der europäischen Kulturentwicklung 1, 2. Aufl., Wien 1923. Dazu: J oh. Bühler, Die Kultur des Mittelalters, Leipzig 1931, 205 ff. 2 A. Meister, Deutsche Verfassungsgeschichte, 2. Aufl., Leipzig u. Berlin 1913.
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