Stand und Ständeordnung im Weltbild des Mittelalters

- 7 - dischen Lebensideal und ständischer Lebensführung sich auch nach außen hin von anderen Ständen abheben: Momente, auf die Max Weber den entscheidenden Wert legt1. Aber die hier aufgezählten Merkmale erscheinen doch mehr als psychologische Auswirkung und innere, geistige und seelische Befestigung einer bestimmten sozialen Lage, denn als deren soziologisches Struktur– prinzip. Sie genügen, näher besehen, nicht einmal, um den Begriff des Standes gegen den der Klasse genügend scharf abzugrenzen, deren „ Klassenbewußtsein" ganz ähnliche Züge aufweist. Stän– disches Denken geht eben nicht lediglich nach innen - an diesem Wissen um sich selbst, an Selbstgefühl und Selbstbehauptungs– willen läßt es auch der einseitigste Gruppenegoismus nicht fehlen. Sondern es besteht, im Gegensatz zur Klassenschichtung, in der willigen Einfügung in eine höhere übergreifende Ordnung, die zugleich den eignen „ordo" hält und trägt; in der tätigen Aner– kennung eines gegebenen Systems von Unter- und Überordnung, · Rang und Pflicht, Pflicht und Leistung, Leistung und Geltung. Nur so ist eine klare Unterscheidung nicht nur von ständischen und klassenmäßigen Gesellschaftsgefügen, sondern auch von ständischen Auseinandersetzungen und Klassenkämpfen möglich, wobei der grundlegende Unterschied beider Strukturen besond ers deutlich zutage tritt. ,,Solange wir uns überhaupt auf ständischem Boden bewegen, haben die sozialen Kämpfe ... nie den Sinn und die Wirkung, den ständischen Aufbau als solchen in Frage zu stellen und das Bauprinzip des geseJlschaftlichen Ganzen grundsätz– lich zu verändern. Ihr Sinn ist vielmehr : Grenzkorrekturen zwischen den Ständen vorzunehmen, die Privilegienverteilung in einzelnen Stücken zu verändern, dem benachbarten Stand bestimmte gesellschaftliche oder politische Rechte abzuringen ... Ständekampf zielt keineswegs auf die Umstürzung der ständischen Gliederung überhaupt. Der Satz, daß die Gesellschaft aus ver– schiedenen Teilen besteht, wird im Grunde nie angetastet. Das typische Denken vom Ganzen bleibt lebendig, auch wenn di e Teile im Kampf liegen. Ganz anders bei Klassenkämpfen. Nicht als ob sich hier nur die Gegensätze vertieft und die Spannungen verschärft hätten: sie sind dem Wesen nach etwas anderes 2 ." Daß es so bleibt, trotz aller Härten und Unvollkommenheiten, ist der Grundgedanke des Standes; daß es nicht so bleiben kann di e 1 Wirtschaft u. Gesellschaft (Grundriß der Sozialökonomik I 11), Tübingen 1922, 179f., 635ft. 2 Freyer a.a.O. 276f.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2