Franz Xaver Schweickhardt
220 lichen auf eine geringe Zahl herabgeschmolzen, kurz das Stift befand sich am Rande des Verderbens. Dazu kam noch das Unglück, daß das Stiftsgebäude im Jahre 1580 ganz abbrannte. Die Kirche und die Conventstube wurden den Flammen zur Beute, die Glocken zerschmolzen, der Thurm stürzte ein, und es war überhaupt ein schrecklicher Gräuel der Verwüstung. Es besteht die Sage, Abt Michael hätte in diesem Drange der widrigen Umstände beschlossen, Göttweih zu verlassen, und nach Melk zurück zu kehren, als ihm am Fuße des Berges ein Unterthan begegnet, und eine alte Schuld von 10 Gulden soll bezahlt haben. Mit diesem geringen Geldbetrag soll Michael wieder in das Stift zurückgekehrt sein, und nach und nach dasselbe hergestellt haben. Dieß ist eine seltsame Begebenheit, denn was hätte er mit diesem Gelde anfangen können? Dem sei.nun wie ihm wolle, so viel ist gewiß, daß Abt Michael das Stift wieder ausbaute, die Bibliothek neu einrichtete, neue Glocken, Altäre u. dgl. an¬ schaffte, und auch das Stiftsgebäude wieder herstellte, wel¬ ches bis zu den Zeiten des großen Abtes Gottfried be¬ stand, wonach es im Jahre 1718 neuerdings den Flammen zur Beute wurde, wie der geehrte Leser seiner Zeit erfah¬ ren wird. Augenscheinlich ist es hier, daß die Vorsehung sich des Abtes Michael bedient hat, um dem bereits verfalle¬ nen Stifte wieder aufzuhelfen; sie ließ den ausgezeichneten Mann durch 40 Jahre demselben vorstehen, damit er es aus dem Abgrunde retten konnte, in welchem es bereits versun¬ ken war. Im Jahre 1604 dankte der ehrwürdige Greis nach dem rühmlich vollbrachten Tagwerke ab, und entschlief sanft im Herrn den 23. März 1609. Möge sein Andenken immer¬ hin strahlend erhalten werden!
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