Franz Xaver Schweickhardt

194 höhen mit fruchtbarem Erdreiche. Mehr oder weniger von den Bergen geschlossen, öffnet sich eine entzückende Aussicht durch das romantische Meidlingerthal, in die entfernten Gegenden von St. Pölten, und die rückwärts der Steiermark gelege¬ nen pitoresken Gebirge. Nördlich und nordöstlich breitet sich im unbeschränkten Anblicke eine der reizendsten Gegend des Landes. Ein unbeschreiblich großes Naturgemälde gewährt der Ueberblick der schiffreichen Donau, der Städte Mautern, Stein und Krems, und bei vierzig Dörfer dieß= und jenseits des Stromes, der hervorragenden Weinberge, Waldungen und schönen Gebäude, welche mit Aeckern, Wiesen, blumenreichen Fluren und Lustgärten umgeben sind, beim Aufgange der Sonne, welche in diesem goldenen Zauberlichte von der schrof¬ fen, schwindelnden Höhe herab beschaut, keiner andern Ge¬ gend verglichen werden kann. Allmählig hebt sich durch der Sonnenstrahlen Gluth der sanfte Schleier von den herrlichen Gebilden und im purpurnen festlichen Kleide pranget die Ge¬ gend, durchglüht gleich einem Feuermeer; deutlich und hell wer¬ den dann die vielen tausenden von Conturen im unendlich farbigen Colorite, und nun gewahrt man die Regsamkeit, der am Fuße des Berges in das ehemalige freie Deutschland und in das heutige Weinland führenden Heerstraße, wo die heilige Natur ihre Gaben überaus reichlich spendet. Diese prachtvolle Lage mag den Bischof Altmann von Passau bewogen haben, an der Spitze dieses Berges eine Kirche mit einem Priesterhause anzulegen, welches nachher der Bischof Ulrich von Passau, in ein Benedictinerstift verwan¬ delte, wie wir alsbald berichten werden. Beide Prälaturen Melk und Göttweih entstanden in einer Zeitperiode, in welcher das Volk allgemein das bal¬ dige Ende der Welt erwartete, welcher Glaube aber nicht nur den ersten Kreuzzug, sondern auch viele Stifte und Klöster schuf. Merkwürdig bleibt es hierbei, daß beide Stifte fast zu

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