4. Kapitel Stilvergleich 4.3 Etwa gleichzeitige Vergleichsbeispiele in •• Osterreich Es ist nicht von vornherein zu erwarten, daß ausgerechnet der Großindustrielle Jo sef Werndl in den späten 70er Jahren des 19. Jahrhunderts romantisches Gedan kengut Wiederaufleben lassen sollte. Doch genau zur selben Zeit und ebenfalls in Oberösterreich beschließt der in der gleichen Branche wie Werndl tätige Alfred Juritschek Ritter von Wehrstedt den Umbau von Schloß Puchberg bei Wels^°. Doch wählt er bzw. der unbekannte Architekt im großen und ganzen Stilmittel der deut schen Renaissance. Dieser zeitgleiche Schloßumbau bietet wenige Vergleichspunkte mit dem Steyrer Objekt. Wir können höchstens eine beiden Bauten gemeinsame breitgelagerte Gartenfassade mit erhöhten Ecktürmen bei gleichzeitiger Betonung der Mitte des Baukörpers durch einen Frontgiebel — hier ein der deutschen Renais sance entlehnter abgetreppter Giebel mit Voluten — und einen Balkon festhalten. Ahnliches erleben wir bei dem wenig früheren Schloß Württemberg am Traunsee^^. Dort kommen allgemeine Reminiszenzen an die romantische Bergburg auf. Wir können in diesem Punkt Schloß Vogelsang, besonders in der Ansicht von Nordwe sten, eine ähnliche Wirkung attestieren. Doch außer der Lage beider Bauten in mitten eines Parks werden weiters keine Gemeinsamkeiten aufzuzeigen sein, zumal der — überdies viel formenreichere — Bau am Traunsee französische Renaissance vorführt. Im Vergleich mit diesen beiden Beispielen für den Schloßbau in Oberösterreich in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts zeigt sich Schloß Vogelsang abseits von jenem Trend der Zeit in Osterreich, sich besonders der verschiedenen Formen der Renais sance nördlich der Alpen zuzuwenden. Doch gibt es sehr wohl auch Beispiele einer späten Romantik mit Hang zum Wehrhaft-Burgartigen und häuflgen Anleihen aus dem englischen Formenrepertoir, so Schloß Stübing (1860-6.3) in der Nähe von Graz, Schloß Maissau (1869/70) und Wolfsthal (1874 begonnen) in Niederösterreich^^. Sie alle erzeugen mittels Türmen und Zinnen eine burgartige Wirkung und tragen da und dort englische Dekormotive. 4.4 Böhmen, Mähren und Ungarn Susanne Skacha weist darauf hin, daß es auch in Böhmen und Mähren nach 1850 einen Aufschwung für diese Art des Schloßbaus gibtJ®, der dort schon in den 40er und 50er Jahren sehr schöne Ausprägungen fand: so Schloß Sichrowin Nordböhmen (Umbau ab 1850)^^ oder Schloß Rusovce (Zichy-Schloß)^® aus den frühen 40er Jah-
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