2. Kapitel Josef Werndl 7 Ubersee^^; was allerdings keineswegs mit einem konstanten Beschäftigtenstand in den Fabriken einhergeht Zu Problemen mit der Auslastung des Betriebs kommt für Josef Werndl um diese Zeit privates Unglück hinzu: Seine Frau wird mit Depressionen in eine Anstalt bei Wien eingeliefert, wo sie am 29. Oktober 1878 stirbt^®. Ein Tief in der Waffenproduktion in den frühen 80er Jahren versucht Werndl durch die Arbeit auf elektrotechnischem Gebiet auszugleichen^®. Als Mitarbeiter gewinnt er Siegmund Schuckert und andere Fachleute^^. Bald beginnt man in Steyr mit der serienmäßigen Herstellung von Dynamos und Glühlampen. Höhepunkt der Werndl'schen Aktivitäten in der Elektroindustrie ist die ,,Elektrische, Landes-Industrie-, Forst- und culturhistorische Ausstellung" von 1884 in Steyr^®. Eindeutiges Ziel Werndls ist aber die die Massenproduktion elektrischer Maschinen und Lampen durch die Waffenfabrik^®. Die Aktionäre der Gesellschaft können sich jedoch nicht dazu entschließen, den neuen Industriezweig auszubauen. Als nach einer Großbestellung von Repetiergewehren (Vorläufer der heutigen Maschinengewehre) der Zweig der Waffenproduktion ab der Mitte der 80er Jahre wieder ausgelastet war, muß die elektrische Abteilung dafür Platz machen, war ab dann ein eher unbedeu tender Nebenzweig der Produktion des Werks und wurde nach Werndls Tod sehr bald ganz eingestellt®®. Josef Werndls letzte Lebensjahre sind von dem Bemühen, die zahlreichen Waffen aufträge termingerecht zu erfüllen geprägt®^. Werndl stirbt 58-jährig völlig unerwartet am 29. April 1889®®. Sein Sterbehaus ist das ,,Petzengütl", wo er in seinen letzten Lebensjahren direkt neben seiner Villa gewohnt hat®®. Josef Werndl besaß den gründerzeitlichen uneingeschränkten Fortschrittsglauben, war liberaler und antiklerikaler Geisteshaltung®^. In den 70er und 80er Jahren war Werndl zweifellos die bedeutendste Persönlichkeit in der Stadt. Er wurde auch als ,,König von Steyr" apostrophiert®®, doch soll er den ihm angebotenen Adelstitel ab gelehnt haben®®. Seine Töchter allerdings heirateten Adelige®^. Werndls Lebensstil war der eines Großbürgers und damit an dem der Aristokratie orientiert®®: Zunächst ließ er sich zwei kleinere Villen im Stadtteil Wehrgraben in der Nähe seiner Fabriken errichten, und dann die große Villa im Voglsang, auf dessen Grundstück sich auch das viel kleinere jedoch ebenfalls schloßartige ,,Petzengütl" befindet. Außerdem besaß er das ,,Kammerhubschlößl" nicht weit von Steyr und das alte Schloß Englsegg in unmittelbarer Nachbarschaft von Schloß Vogelsang. In den beiden letztgenannten Schlössern wohnten später zwei seiner Töchter mit ihren Familien®®. Abgesehen davon soll er nicht versucht haben, seine Lebensführung nach den gesell schaftlichen Gepflogenheiten seiner Standesgenossen auszurichten, das von Soirees
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