12 I. Kelten und Römer. Wenn nun der Kult des Heiligen an dieser Stelle weder auf die römische Zeit zurückgeht, noch überhaupt einheimisch ist, so kann er nur slawischen Ursprung haben. Die Bezeichnung Buch für die Örtlich keit macht Rodungsarbeit, die ja in der ersten Zeit den bestehenden Straßenzügen folgte, im Umkreise wahrscheinlich, und auch das den Baiern anfangs fremde Sankt spricht unter den gegebenen Umständen für slawische Siedlung. Gerade in den sicher von Windischen urbar gemachten Strichen unseres Landes häufen sich die Sankt-Orte (z. B. im Mühlviertel). Ich nehme also an, daß der Kult des hl. Florian durch christliche Slowenen von Süden herauf gekommen ist, wo eine Reihe von Floriankirchen seine Verehrung bezeugt. Die Entstehung einer Kapelle des Heiligen in St. Florian ist aber dann nicht über das 8. Jahr hundert hinaufzurücken, und älter sind auch die Handschriften nicht, die zuerst von ihm berichten^). Daß man — wahrscheinlich ein fränkischer Missionär — den Heiligen, von dem die Ortsbewohner bestenfalls gewußt haben werden, daß er ein römischer Märtyrer war, im nahen Lorch lokalisierte, ist beinahe selbst verständlich, und daß er so früh im Westen, in fränkischen Handschriften auftaucht, ist bei dem Gange der Christianisierung Baierns und bei den engen Beziehungen des agilolfingischen Herrscherhauses zum Franken reich ebenfalls nicht verwunderlich. Ein neuer Märtyrer auf baierischem Boden war für jene Zeit ein köstlicher Gewinn und wurde auf die erste Kunde hin sogleich verbucht. Die Begierde, von dem Märtyrer näheres zu wissen, befruchtete die Phantasie. In den Dom- und Klosterlibreien gab es literarische Muster, und vom antiken Lauriacus waren damals noch genug Inschriften vorhanden, so daß man um die nötigen Namen mitsamt dem princeps officii nicht verlegen war. So entstand die Vita. Nur mit der Annahme slawischen Ursprungs im 8. Jahrh. für unsere Kultstätte erklärt sich also die lautliche Form des Namens und die be scheidene Rolle, die der heilige Ort anfangs spielte, bis er von interessierter Seite in den Vordergrund gerückt wurde. Die Verbreitung des Kultus kann jedenfalls erst erfolgt sein, als die Zelle in St. Florian durch das Interesse der Passauer Bischöfe erhöhte Bedeutung gewonnen hatte. Wenn jene Liutswint, die für den Todesfall all ihren Besitz im Mattiggau dem hl. Florian vermacht^), mit der Liutswint, die am 6. Februar 811 einige Güter in Rohrbach nahe bei St. Florian an Mondsee schenkte®), identisch ist, was ich für wahrscheinlich halte, so geht daraus m.E. nicht hervor, daß die erste Schenkung St. Florian bei Lorch betrifft, sondern es kann ebensogut daraus geschlossen werden, daß das Kirchlein St. Florian bei Ettendorf auf diese Liutswint zurückgeht, also ebenfalls uralt ist. Wenn der Narrie in zweien der drei ältesten Codices an unrichtige Stelle geraten ist und Sepp daraus schließt, daß er in der Vorlage offenbar überge schrieben war, so beweist das nicht, wie er meint, daß er schon in dem ins 7. Jahrh. zurückgehenden Archetypus stand, sondern legt vielmehr die Ver mutung nahe,daß er in der unmittelbaren Vorlage,die ja ebenfalls dem 8. Jahrh. angehört haben kann, Nachtrag war. 2) Oö.ÜB. I, 450, n. 21 (c. 794). ») Ebd. I, 65, n. 107.
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