Das Land ob der Enns

194 III. Die Slawen. Und in einer 827 ausgestellten Urkunde, die die Grenzen des Besitzes der Kirche von Buchenau festlegt, sind unter 21 Namen von Slawen fünf deutsch und die übrigen weisen, offenbar unter deutschem Einfluß, die Alliteration als Kennzeichen der Familienzugehörigkeit auf^). Strnadt meint in seiner Atlasabhandlung ,Innviertel und Mond seeland', der Innviertier sei nach seinem regeren Wesen und der bei behaltenen ,boarischen' Mundart noch unverfälschter Baiware, womit zugleich gesagt ist, daß dies beim ,Landler' nicht mehr der Fall sei^). Das ist herkömmliche Anschauung, der ich aber nicht beipflichte. Was nämlich die Regsamkeit anlangt, so verrät sich in den prachtvollen Klosterbauten des ,Landeis', mit denen die des Innviertels keinen Ver gleich aushalten, und in dem kunst- und musikfrohen Leben unserer Stifte durch das 17. und 18. Jahrhundert hindurch genug davon und die Bauernkriege geben Zeugnis, daß auch das Landvolk aus gutem Holz ist^). Der Innviertier hat nur das voraus, daß ihm die drakonische Be handlung, die das ,Landl' durch Jahrzehnte nach seiner Erhebung niederhielt und zweifellos im Volkscharakter bis in die neueste Zeit fort wirkte, erspart geblieben ist. Die Verschiedenheiten sind also in dem wesentlich günstigeren Schicksal des damals unter bayerischer Herrschaft lebenden Volksteiles begründet und haben mit Stammeseigentümlichkeit nichts zu tun. Die etwas gröbere, derbere Art des Innviertels und die weniger erfreulichen Seiten der hervorgehobenen Regsamkeit sind auf Rückständigkeit der ehemaligen bayerischen Regierung in Sachen der Volkskultur zurückzuführen und nicht spezifisch baiwarisch. Und vollends die Behauptung, die Mundart des Innviertlers sei noch die echt ,boarische', läßt sich nicht halten. Man kann höchstens sagen, sie sei der links vom Inn gesprochenen ähnlicher als der im ,Landl', aber ,echter' ist sie darum nicht. Es handelt sich da um unwesentliche örtliche Besonderheiten, die übrigens erst wissenschaftlich untersucht werden müßten, um ein Urteil zu ermöglichen^). Ebenso ist die Ver schiedenheit der Hausformen nicht als Beweis im oben angedeuteten Sinne verwendbar. Der landlerische Vierkanter geht nämlich aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Zeit zurück, wo die großen, höfeum1) Darauf hat Stroh a.a. O., S.88, aufmerksam gemacht. Strnadt meint allerdings, aus den Namen sei nicht auf die Nationalität zu schließen, allein die Wahl deutscher Namen durch Slawen läßt doch die erste Stufe der Germani sierung erkennen. Archiv f. österr. Gesch. 99, 434. Man sehe sich beispielsweise die kernigen Gestalten der nach Sieben bürgen ausgewanderten oberösterreichischen Bauern(Landler)an,die R.Brandsch in seiner Skizze „Der Kampf um die Kirchensitze"(Deutsch-Österreich, 1. Jhrg., 1913, S.660 ff.) schildert. *) Ein Beispiel dafür, auf wie unsicherer Grundlage die hier abgelehnte Legendenbildung noch immer fortgesponnen wird, ist H. Preens im übrigen vortrefflicher Aufsatz „Der Oberinnviertier" (Zs. d. Vereins f. Volkskunde in Berlin 1914, S. 387 ff.), der in der Gesamtauffassung ganz von der Voraussetzung beherrscht wird, daß dort, wo seine Typen zu Hause sind, der Schauplatz der mittelalterlichen Satire ,Helmbrecht' sei, was doch niemals eine ausgemachte Sache war.

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