Das Land ob der Enns

III. Die Slawen. 193 Zeitalter der beiden Kolonisationen an Zahl schon bedeutend^), hat bei der bis in unsere Tage fortdauernden sozialen Scheidung sicher jede Ver mischung mit den fremden Elementen vermieden. Nur die Besitzer kleiner Anwesen und die dienende Klasse werden früh schon mit slawi schem Bfute durchsetzt worden sein. Jedenfalls ist das Volk des Landes ob der Enns nicht einheitlich, es stellt keinen die Mehrheit der Individuen kennzeichnenden Typus dar^). Neben dem kräftigen, noch immer die baierische Art im ganzen unverfälscht an sich tragenden Bauernstand®) — das Land zählt heute 56000 selbständige Bauerngüter — steht eine an Zahl natürlich stärkere Schicht des ländlichen und städtischen Pro letariats, die je nach der Gegend mehr oder weniger durch die Mischung mit windischen Elementen der nationalen Schwächung erlegen ist^). Die körperlichen Spuren merkt man deutlich, wenn man z. B. die Leute westlich der kl. Mühl, wo die Kolonisation deutsch war, mit denen der Gegend am Windberg, der ehemaligen Riedmark und des Machlands vergleicht, wo der windische Einschlag ziemlich stark war. Man hat wiederholt unsere Rekruten nach Körperlänge, Farbe der Haare, Augen und Haut und nach dem Kopfmaß registriert®) und gefunden, daß in Oberösterreich die mittlere Statur, lichter Typus und Brachykephalie (Kurzköpfigkeit) überwiegen. Dabei wurden aber große Unterschiede je nach der Gegend festgestellt. Es müßte die Untersuchung auf breiterer Grundlage und mit Berücksichtigung der sozialen Schichtung sowie der Herkunft (Zuständigkeit) neuerdings aufgenommen werden, um ein richtiges Urteil über den Menschenschlag in Oberösterreich zu gewinnen, insbesondere über die Frage, inwieweit die Mischung mit Slawen von Einfluß war. Natürlich unter Vergleichung mit den Verhältnissen in Bayern und in Steiermark. Aber wenn auch die Mischung mit fremden Elementen im Menschen schlag nördlich der Donau und im Gebirge deutlich zutage tritt, so war doch das deutsche Wesen so in der Oberhand, daß es nirgends zur Bildung slawischer Gemeinden kam und mit dem 13. Jahrh. schon in den Ur kunden jede Spur slawischen Volkstums überhaupt erlosch. Wie schnell und nachhaltig die windischen Leute bei uns der Ger manisierung erlagen, kann man noch erkennen. Schon die ,actores' Taliup und Sparuna des Stiftbriefes von Kremsmünster (777) müssen auch deutsch gesprochen haben, da sie sich mit dem Abte Fater und den Kommissären des Herzogs zu verständigen vermochten. 1) Dies ausführlich gezeigt zu haben, ist ein Verdienst Strnadts. Vgl. Pröil, Das Obermühlviertier Bauernhaus, S.82. ') Vgl. dazu die Abbildungen auf S. 114f. des Bandes Oberösterreich und Salzburg der „Österr.-ung. Monarchie in Wort und Bild". ^) Auf den großen Gegensatz zwischen den Hünengestalten des Gräber feldes von Hallstatt und dem Gesamthabitus der heutigen Bevölkerung des oberen Trauntales hat schon F. Hochstetter, Über prähistorische Begräbnis stätten (Populäre Vorträge, Bd. 21, Wien 1881), S. 504f., hingewiesen. Vgl. K- Rabl im Bande Oberösterreich und Salzburg der „Österr.-ung. Monarchie in Wort und Bild", Wien 1889, S. III—118, und A. Weisbach in der Festschrift zum Innsbrucker Anthropoiogentag, Wien 1894, S.77—91. Schiffmann, Das Land ob der Enns. 13

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