Schule und Klerikalismus von Otto Glöckel

4 Die Sozialdemokraten wollen ein selbst¬ bewußtes, stolzes, kluges Volk — sie erblicken in der Volksschule ein wichtiges Mittel zur Erreichung dieses Zieles. Die Klerikalen müssen jede freiere Regung unter¬ drücken, Feinde der modernen Ausgestaltung des Schul¬ wesens sein, weil ihre Existenz von einer verdummten, abergläubischen, unselbständigen Menge abhängt. Sie wollen die Schule in ihre ausschließliche Gewalt bekommen, um sie ihren Wünschen zweckdienlich zu gestalten. Wie schön war für die Klerikalen die gute alte Zeit! Vor dem Jahre 1869 waren sie die unumschränkten Herren der Schule, der Ortspfarrer war Schulinspektor, der Lehrer der Bediente des Geistlichen und der Mesner in der Kirche; das Volk war — das Opfer! Nach schweren Kämpfen wurde endlich die konfessionelle Schule, die auf Grund des zwischen Kaiser und Papst geschlossenen Uebereinkommens (Konkordat) errichtet worden war, durch die sogenannte „Neuschule“ ersetzt. Das Reichsvolksschulgesetz führte die staatliche Schulaufsicht, die achtjährige Schul¬ pflicht, endlich den Realienunterricht (das sind die Unter¬ richtsgegenstände: Geographie, Geschichte, Naturgeschichte, Naturlehre) ein. Damit hatten die österreichischen Klerikalen eine empfindliche Niederlage erlitten. Keinen Augenblick versäumten sie aber, um das neue Gesetz mit aller Wucht zu bekämpfen. Der Papst rückte mit dem Fluche aus, von allen Kanzeln wurde wütend gehetzt, Wallfahrten wurden arrangiert und im Parlament emsig an der Unterwühlung des Gesetzes gearbeitet. Wirklich gelang es den Klerikalen im Jahre 1889, die Novellierung des Gesetzes zu erzwingen und damit ein Stück ihrer Macht zurückzuerobern. Stetig

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