Schule und Klerikalismus von Otto Glöckel

11 Wie freiheitlich denkende Lehrer behandelt werden. Will sich ein Lehrer eine gute Stelle sichern, braucht er sich nicht etwa inder Schule mit den Kindern besonders zu plagen, er erreicht sein Ziel durch maßloses Hetzen gegen das Reichsvolksschulgesetz in klerikalen Versammlungen viel sicherer. Frömmelnden Lehrern und Lehrerinnen öffnet sich von selbst ein müheloser Weg; freiheitlich denkende Lehrer, auch bei tadelloser Pflichterfüllung, werden mit dem ganzen unchristlichen Haß, dessen Klerikale fähig sind, verfolgt. Das trifft Hochschullehrer genau so wie Volksschullehrer. Der Universitätsprofessor Dr. Wahrmund wird aus Inns¬ bruck vertrieben, weil er von seinem Staatsbürgerrecht Gebrauch machte und in einer öffentlichen Versammlung einen wissenschaftlichen Vortrag hielt, der den Klerikalen nicht in den Kram paßte; der Landesschulinspektor Lescha¬ nofsky wird in der Vollkraft seiner Jahre pensioniert, weil er im Verdachte freiheitlicher Gesinnung steht; der Lehrer Weber in Prasseditz wird „aus Dienstesrücksichten in ein weltvergessenes Dorf im Böhmerwald versetzt, weil er für den Ausbau des Reichsvolksschulgesetzes eingetreten ist; der Lehrer Peer in Neunkirchen wird „aus Dienstes¬ rücksichten“ aus Neunkirchen, wo er seit siebzehn Jahren zur vollsten Zufriedenheit der Bevölkerung wirkt und in hohem Ansehen steht, vertrieben und mit einem Verweis bedacht, weil er als Gemeinderatsmitglied (1!) einer Resolution zu¬ stimmte, in der das verderbliche Wirken des klerikalen Schul¬ inspektors Kaspar gekennzeichnet wird. Wagt es gar ein Lehrer, sich konfessionslos zu erklären, geht er ohne viel Federlesens seiner Stellung verlustig. Das sind nur einige markante Fälle aus der Aera Stürgkh! Die Maßregelungen, Zurücksetzungen tüchtiger frei¬ heitlicher Lehrer wiederholen sich immer wieder, man sucht die Lehrer, als die fachlich gebildeten Kritiker des Schul¬ wesens, einzuschüchtern und den Klerikalen dienstbar zu machen. Man will den ganzen Stand korrumpieren, um so die Schule, leichter verelenden zu können. Fürwahr, weit

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