Aktuell im Betrieb - Heft 4/1984

Steyr-Daimler-Puch AG SICHERHEITSTECHNIK Jeder Einzelne trägt Verantwortung Die »rechtliche Verantwor tung beziehungsweise Haf tung des >nicht vorgesetzten< Mitarbeiters soll dies mal zur Sprache kommen: Jeder einzelne Arbeitneh mer ist verpflichtet, für die Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen. Dieses Problem darf nicht dem Vorgesetzten allein überlassen werden. In Diskussionen über das be triebliche Unfallgeschehen trifft man oft auf die weit ver breitete Meinung, daß der Ar beitnehmer ohne Vorgesetz tenfunktion für die Übertretun gen von Sicherheitsvorschrif ten und für die Verursachung von Unfällen nicht zur Verant wortung gezogen werden kann. Es wird einerseits auf die Vorgesetzten hingewiesen, die mit ihrem höheren Gehalt eine gewisse Abgeltung für die Übernahme der Verant wortung erhalten, andererseits denkt man an die gesetzliche ünfallversicherung, die ent sprechend dem allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten Leistungen zu erbringen hat. Doch diese »Verantwortungs freiheit« existiert nicht: Im fol genden soll die Verantwortung des >nicht vorgesetzten Arbeitnehmers< für sein betriebli ches Handeln oder Unterlas sen erläutert werden. Dazu ist es aber erforderlich, die Berei che Verwaltungsrecht, Straf recht und Zivilrecht getrennt zu behandeln. •Verwaltungsrecht Das Verwaltungsrecht hat in erster Linie eine Ordnungs funktion und die Aufgabe, vor beugende Maßnahmen zur Gefahrenabwendung zu tref fen. Die Fülle der Verwaltungsvor schriften ist vornehmlich an die Adresse des Betriebsinha bers und dessen Bevollmäch tigte gerichtet: doch auf die Mithilfe der Arbeitnehmer kann nicht verzichtet werden. So sind nach Para graph 31, Absatz 4 des Arbeit nehmerschutzgesetzes jene Arbeitnehmer von der Bezirks- . . . wenn die Frage der Verantwortlichkeit vor Gericht verhandelt wird, ist es - leider-zu spät! Verwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu tausend Schilling zu bestrafen, die trotz Aufklärung und Abmahnung durch das Arbeitsinspektorat weiterhin sicherheitswidrige Handlungen begehen. Dau ernde NichtVerwendung der persönlichen Schutzausrü stung (Schutzbrillen, Schutz handschuhe, Schutzhelme) an Arbeitsplätzen, an denen die Verwendung vorgeschrieben ist, gehört zu solchen Delikten. •Strafrecht Während im Verwaltungsrecht eine Verwaltungsstrafe ohne Vorliegen eines schädigenden Ereignisses - also bei bloßer Übertretung einer Verwal tungsvorschrift - verhängt wer den kann, ist eine strafrechtli che Verurteilung nur nach Vor liegen eines strafbaren Tatbe standes möglich. In Frage kommen fahrlässige, leichte oder schwere Körper verletzung beziehungsweise fahrlässige Tötung. Meist er folgt eine Anzeige durch Po lizei oder Gendarmerie an das zuständige Strafgericht. Rechtsgrundlage ist das Straf gesetzbuch. Als Strafen kommen in Be tracht: Geldstrafen (in Tagsät zen berechnet) oder Freiheits strafen, beide entweder be dingt (ausgesetzt auf Bewäh rung) oder unbedingt. Bei Nichtvorliegen von Erschwer nisgründen (etwa einschlägi gen Vorstrafen) wird meist eine bedingte Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe ausge sprochen. So wurde zum Beispiel ein Werkzeugmacher zu einer er heblichen Geldstrafe verurteilt, weil er mittels eines Preßluft schlauches ein Kittkügelchen einem Lehrling ins Auge ge schossen hatte und dieser die Sehkraft seines Auges fast zur Gänze verlor. Immer wieder kommt es aber auch zur Verurteilung von Sta plerfahrern, Kranfahrern, Lkw oder Baggerfahrern, die in folge schuldhafter Unaufmerk samkeit einen Arbeitskollegen verletzten. •Zivilrecht Nach österreichischem Schadensersatzrecht ist jeder mann berechtigt, vom Beschä diget den Ersatz des Scha dens, den ihm dieser aus Ver schulden zugefügt hat, zu for dern. Als Schadensersatz bei Verlet zungen kommen in Betracht: Schmerzensgeld, Heilungsko- »Es ist nicht genug, zu wis sen. man muß auch anwenden: es Ist nicht genug, zu wol len. man muß auch tun.« frei nach Goetht sten, Verdienstentgang, Ren tenleistungen; bei Tötung sind das Bestattungskosten und eventuelle Unterhaltsleistun gen an die Hinterbliebenen. Neben den zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen des Geschädigten bestehen auch sogenannte )öffentlichrechtliche Ansprüchec Die So zialversicherung ist bei Vorlie gen grober Fahrlässigkeit oder bei Vorsatz berechtigt, ihre Lei stungen vom Schädiger im Re greßweg zurückzufordern. Dazu ein Beispiel: A. arbeitet an einer Presse mit Einzelhub_^ und Einlegewerkzeug. Wäh rend einer Arbeitspause stellt B., um A. zu ärgern, die Presse absichtlich auf Dauer hub um. Nach Wiederauf nahme der Arbeit kommt es zu einerschweren Handverlet zung bei A., die eine bleibende Erwerbsminderung nach sich zieht. B. wird strafrechtlich zu einer Geldstrafe (weil bisher unbescholten) verurteilt. Zivilrechtlich muß er A. Schmerzensgeld und einen et waigen die Unfallrente über steigenden Verdienstentgang zahlen. Der Sozialversicherung muß B. - weil grobe Fahrläs sigkeit vorliegt - die von ihr er brachten und zukünftig zu er bringenden Leistungen (Hei lungskosten, Rente, etc.) ers»^ zen. Zusammenfassend muß also gesagt werden, daß schuldftaftes Handeln (oder Unterlas sen) sowohl zu Strafe (Verwal tungsstrafe oder strafgerichtli che Verurteilung) als auch zur Haftung (bestehend aus An sprüchen des Verletzten und Rückgriffsansprüchen der So zialversicherung für an den Verletzten erbrachte Leistun gen) führen kann. Also lieber überlegen, ob sich ein Miß achten der Sicherheitsvor schriften )auszahlt< - bevor man im wahrsten Sinne des Wortes >draufzahlt<! Josef JILEK (Leiter des Sicherheitstechnischen Dienstes bei Steyr Wälzlager) Literaturangabe: »Betriebssicherheit« 5. Jahrgang 7981. Heft 5: S.B

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2