Aktuell im Betrieb - Heft 10/1985

Steyr-Daimler-Puch AG WOZU EINE BETRIEBSZEITSCHRIFT? Rechtfertigung aus sich selbst Immer dann, wenn Betriebsredakteure aus verschiedenen Unternehmen beisammen sitzen und ihre Erfahrungen austauschen, kommen auch die unvermeidlichen Probleme zur Sprache: Woher packende Artikel nehmen, wie die Leser zur aktiven Teilnahme motivieren, wie einen - wie immer gearteten - Erfolg nachweisen? Und früher oder später stellt sich in jeder derartigen Diskussion die Frage: Wofür eigentlich eine Betriebszeitschrift? Aus dem Stegreif kann man auf diese Frage sicherlich keine befriedigende Antwort finden. Und: Ist diese Fragestellung denn überhaupt zu beantworten? Sicherlich existieren in jeder Betriebszeitschriften-Redaktion einige Akten, in denen anläßlich der Zeitschriftengründung irgendwelche Gedanken dazu zu Papier g bracht wurden. Überlegung n, warum ig ntli h das Untern hmen ni hl läng r auf ein 1genen I lc1usL itschrift v rLichten könne, Statut 11 , 1n denen von >Zus mm ng hö rigke itsgefü hl<. von >Motivation der Mitarbeiter< und von >gesamtbetrieblichen Schulungsmaßnahmen< ebenso die Rede ist wie von einem Sprachrohr der lnteressensgruppe >Betriebsleitung< gegenüber verschiedenen anderen Gruppierungen, die auch ein eigenes Medium für ihre Aussagen zur Verfügung haben. Regelmäßig hinterfragen? Aber im laufe der Zeit sind alle diese Formulierungen mehr oder weniger verknöchert, zu Phrasen geworden, denen jeder Bezug zur Praxis verloren gegangen ist. Der Informationsfluß zieht oberflächlich dahin. ohne noch den Grund aufzuwühlen. Bedeutende Informationen werden neben sogenannte >Füller< gestellt, ohne noch einen Hintergedanken der feinsinnigen Beeinflussung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (um das 18 Wort >Manipulation< einmal aus dem Spiel zu lassen) zu widmen. Und wie sollte man auch an derartige Dinge denken, wenn es fast unmöglich scheint, irgendeine Art von Wirkung der Zeitschrift auf den Leser zu dokumentieren' Wie soll man hochtrabend n Plänen nachjagen. wo s un endl1 h s hw1 rig ist. d1 Le rschar LU einer gern insn men Aktion Lu beg i t rn. Das gilt nun ni ht nur für> ktuell im betrieb<. d s ja dank der beachtlichen Mitarbeiterzahl von Steyr-Daimler-Puch auf eine recht nennenswerte Zahl von Lesern stolz sein darf - weniger auflagenstarke Blätter in kleineren Betrieben haben es naturgemäß noch wesentlich schwerer. zum Beispiel was Leserbriefe betrifft. Das Potential an Leserbriefschreibern ist da oft bereits zu klein. Selten ein Echo Selbst die auflagenstarken Tagcs1eilungen sehen hier inen Tr nd· Vielleicht drei Dutzend von >Profi Les rbriefs hrei b rn< bilden das Echo aus dem Millionen-Leserkreis. Alle anderen sind offenbar mit allem zufrieden, was ihnen vorgesetzt wird. Oder vielleicht auch nicht ... aber dann spricht man immer noch lieber mit dem eigenen Nachbarn, als der Redaktion einen Brief zu senden. Verständlich: Den Nachbarn kennt man. den Redakteur dagegen nicht. Außerdem: »W;:,,s kann denn ich kleines Rädchen im Getriebe schon ändern ...« So sitzt denn der Redakteur in seiner Schreibstube und hat kaum einen Maßstab, an dem er den Effekt seiner Arbeit messen könnte. Selbst Fragebogenaktionen oder Wettbewerbe nützen da recht wenig - die Weite menschlicher Empfindungsgabe läßt sich kaum auf eine Handvoll Fragen oder gar Auswahlantworten (>bitte Zutreffendes ankreuzen<) einschränken. Wer das versucht, der wird drei Gruppen von Zusendungen bekommen [D Diejenigen, denen alles recht ist; Betriebsredakteure bei der Arbeit: Ist eine Erfolgskontrolle unmöglich? [I] diejenigen. die über alles nörgeln - [TI und diejenigen, die wahllos irgend etwas ankreuzen, weil es etwas zu gewinnen gibtl Und alle drei Gruppen werden sehr. sehr klein bleiben . Ganz ohne die Frage, was denn das Publikum gerne lesen möchte, wird der Betriebsredakteur jedoch nicht auskommen können: Jede aus seiner persönlichen Einstellung kommende Einseitigkeit in der Themenwahl muß sich früher oder später rächen. Sei es, daß alle >heißen Eisen< ständig sorgsam umgangen werden, sei es, daß die technische Information oder gar die Verkaufswerbung auf Kosten der Unterhaltung zu sehr in den Vordergrund gespielt wird - jede Veröffentlichung ohne Maß. Ziel und A11sgP.wogenheit muß einfach auf wenig Gegenliebe von Seiten der Leser stoßen. Patentrezept - nein danke! Ausgewogenheit - was ist das1 Ein Patentrezept (»Drei Seiten Werksinformation. eine Seite für den Betriebsrat und eine Seite für das Kreuzworträtsel und die Kochrezepte«) gibt es ja nicht- und wenn es eines gäbe, so wäre auch ein derartiges starres Schema genau das Gegenteil von dem, was jede Zeitschrift darstellen sollte: Lebendiges, buntes Allerlei, das jedem Leser mögliehst viel bietet - aber kaum einmal einem Leser allesl Ist auf diese Weise denn gar keine Hinterfragung möglich? Sind die Fragen »Was gibt die Betriebszeitschrift dem Leser« und »Wozu eigentlich eine Betriebszeitschrift« einfach unbeantwortbar7 Vielleicht. Aber wahrscheinlich ist die ausgeklügelte akademische Beantwortung dieser Frage gar nicht notwendig: Denn solange sich - bei Verspätung der Lieferung von der Druckerei um ein oder zwei Tage - bereits die Leute bei unserem Werksportier erku digen, warum denn noch immer nichts im Ständer neben der Stechuhr liegt und wann denn nun endlich die neue Ausgabe von >aktuell im betrieb< erscheinen wird - so lange kann die Welt für den Betriebsredakteur noch in Ordnung sein. Denn auch wenn er selbst manchmal so seine Zweifel hegt, wofür er denn eigentlich arbeitet. so ist es doch die Hauptsache, daß die Leser diese Arbeit akzeptieren und für sich persönlich eine Antwort auf das »Wofür« gefunden haben. Und daß zumeist fast alle Hefte aus den Ständern an unseren Werkseingängen entnommen werden . Und dafür möchte ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser einmal ganz herzlichen Dank sagenl Andreas ZEINER

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