aib: Herr Generaldirektor Androsch, welche Möglichkeiten bietet Ihnen die Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden, die künftige Entwicklung der Steyr-DaimlerPuch AG mitzugestalten? Androsch: Diese Frage beantwortet sich aus der Aufgabenstellung des Aufsichtsrates insgesamt und der des Aufsichtsratsvorsitzenden. Der Aufsichtsrat hat zunächst eine kontrollierende Funktion, während die Geschäftsführung nach dem Aktiengesetz vom Vorstand wahrzunehmen ist. Aber allen organmäßig Beteiligten - und daher auch dem Aufsichtsratsvorsitzenden in seiner Funktion als Vertreter des Hauptaktionärs - geht es um die Sicherstellung der industriepolitischen Zukunft eines der größten und traditionsreichsten österreichischen Industriekonzerne, um die Sicherung seiner Arbeitsplätze und - aus der Sicht der Bank - um die sorgfältige Verwaltung fremder Gelder in einer auch von der Bank vertretbaren Weise. aib: Wie sehen Sie das Verhältnis zwischen dem Großaktionär CA und seinen Beteiligungsgesellschaften, insbesondere der Steyr-Daim- /er-Puch AG? Androsch: Ich betrachte die Wechselbeziehungen aus zwei Gesichtswinkeln. Einmal ist der industriepolitische Aspekt hervorzuheben. Damit es nicht zu einer Entindustrialisierung Österreichs kommt, muß der Aktionär wie alle übrigen Beteiligten seinen Beitrag leisten. Doch schließt diese Verpflichtung im Einzelfall gewisse Neustrukturierungen oder auch Reduktionen nicht aus, denn auf die Dauer kann die Bank, die die 1hr anvertrauten Gelder zu verwalten hat, Verluste nicht finanzieren. • Das Interview mit Generaldirektor Dr. Hannes Androsch führte Dr. Achim 4 Weber INTERVIEW MIT DEM AUFSICHTSRATSVOR Vorsitzender des Aufsichtsrates der Steyr-Daimler-Puch AG Dr. Hannes Androsch•; »Die europäische Industrie durchläuft eine schwierige Phase.« Die Bank als Großaktionär erfüllt aber sicherlich nicht nur industriepolitische Aufgaben, sondern sie kann auch unter Beachtung ihrer bankmäßigen Aufgaben mit einer Reihe von Dienstleistungen unterstützend eingreifen. Im Verhältnis zur Steyr-Daimler-Puch AG im besonderen gilt es, zwischen dem Konzern als Ganzen und seinen Untereinheiten, den Sparten, sorgfältig zu differenzieren. Denn was für das Verhältnis der Bank zur Industrie oder zur Industriebeteiligung gtlt, muß auch innerhalb der einzelnen Sparten zueinander Gültigkeit haben. Es kann daher aus der Sicht des Großaktionärs auf Dauer die Abhängigkeit der meisten Sparten von einer sehr schwierigen Sparte nicht akzeptiert werden. Eine solche Konstellation, bei der eine Reihe von Sparten durch eine andere schlecht und recht über Wasser gehalten wird, ist nicht zukunftssicher. aib: Welche Maßnahmen müßten auf seiten des Unternehmens getroffen werden, um die augenblicklichen strukturellen Probleme mittel- bis langfristig zu lösen? Androsch: Wir müssen davon ausgehen, daß die europäische Industrie insgesamt - in manchen Branchen stärker, in anderen weniger stark - eine schwierige Phase durchläuft. Es besteht daher die Notwendigkeit, Strukturanpassungen und Strukturverbesserungen in allen Bereichen der Industrie vorzunehmen. Für SteyrDaimler-Puch muß hier vorwP.g gesagt werden, daß die Bewältigung dieser Aufgaben ohne die Produktion der Kettenfahrzeuge sicherlich in den nächsten Jahren nicht möglich ist. Auch dann nicht, wenn in den übrigen Sparten die allergrößten Anstrengungen unternommen werden. Bei allem Verständnis für den Wunsch vieler junger Menschen nach Frieden und ihre Ablehnung des gigantischen und sinnlosen Wettrüstens möchte ich die Produktion österreichischer Kettenfahrzeuge vor allem im Zusammenhang mit der Landesverteidigung hervorheben. Die Ausrüstung unseres Bundesheeres durch österreichische Verteidigungseinrichtungen zu wirtschaftlichen Bedingungen ist nur dann möglich, wenn man diese Systeme auch anderen Ländern, die vor ähnlichen Verteidigungs-und Schutzproblemen stehen, zur Verfügung stellt. Wenn nunmehr auch die VÖES T mit eigener Produktion u. Betetligung ..,n 91nschlägigen, bisher privaten Firmen in diese Richtung geht, dann muß, was im Falle der VÖEST recht ist, im Falle der Steyr-Daimler-Puch AG b1J/ig sein. Umso mehr dann, wenn diese Sparte bei SteyrDaimler-Puch eine über 100jährige Tradition hat. Es wäre jedoch falsch, sich auf eine ein-ge, von vielen Unwägb, Keiten im In-und Ausland abhängigen Sparte zu stützen. Vielmehr müssen alle übrigen Sparten so strukturiert werden, daß sie kostengünstiger arbeiten und positive Betriebsergebnisse abwerfen. Es sind alle Faktoren genau zu analysieren, die großen Probleme der Produktentwicklung, der Produktion und des Vertriebes sind zu lösen. In einer Reihe
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