Aktuell - Heft 3/1969

Der Gedanke, statt des mühevollen Pedaltretens einen Benzinmotor arbeiten zu lassen, faszinierte Puch. 1901 stellte er ein dreirädriges Fahrzeug mit einem auf der Hinterachse befestigten Einzylinder-Motor vor. Im selben Jahr wurde auch sein erstes Versuchsautomobil fertig. Der Wagen, eine zweisitzige „Voiturette", ging überraschend gut. Für die Serienfabrikation fehlte jedoch das Geld. 1903 verließ das erste Motorrad die Fabrik. Schon bei den Fahrrädern hatte Puch erkannt, daß nur durch Serienfertigung billige und damit hohe Stückzahlen zu erreichen waren. Bereits vom ersten Motorradtyp wurden 750 Stück gebaut und auch im Handumdrehen verkauft. Es handelte sich um eine Einzylinder-Maschine mit Keilriemenantrieb, die 2,95 PS leistete. Johann Puch war trotz dieser Erfolge unzufrieden. Ihm fehlten Fachleute mit fundierten Kenntnissen im Motorbau. Also holte er sich Vaclav Pritel von der „Fahrrad- und Motorradfabrik Laurin & Klement" in Jungbunzlau nach Graz. Bisher war es zum Beispiel üblich, die Kolbenringe aus einem Graugußrohr anzufertigen. Das Rohr wurde innen maßgedreht, während man außen ein Übermaß ließ. Nach dem Schlitzen wurden die Ringe auf den Kolben montiert und mit Öl und Schmirgelpaste im Zylinder eingepaßt. Eine Methode, bei der das Schlei/gut aus den kleinen Poren des Zylinders nie ganz zu entfernen war. Die Folge: der Zylinder hielt nur relativ kurze Zeit. Zusammen mit Werkmeister Pritel verbesserte Puch nun diese Methode, indem er die Ringe nach dem Schlitzen auf einen Dorn spannte und exakt auf Zylindermaß runddrehte. Durch die genaue Passung stiegen Motorleistung und Lebensdauer. Wie bei den Motorrädern Erzeugnisse in Zeitungen 32 Fahrrädern griff Puch auch bei den zur gezielten Werbung, um seine bekanntzumachen. Er inserierte und Zeitschriften und stellte wie zehn Jahre zuvor ein eigenes Rennteam zusammen. Waren es damals die Fahrer Büchner, Fischer, Seidl, Hut, Haderer und Berger, die auf den „Styria-Rädern" internationale Radrennen gewannen, so eroberten sich nun die Fahrer Hilscher, Lust, Vecka, Nikodem und wiederum Berger bei den ersten Motorrad-Konkurrenzen vorderste Plätze. 1906 gelang es dem Grazer Eduard Nikodem, das große Gordon-Bennett-Rennen zu gewinnen, den schwersten Bewerb, den jene Zeit kannte. Nikodem erreichte auf der 250 km langen Strecke ein Stundenmittel von 77 kmh, eine für damals phantastische Leistung. Puchs Motorräder waren mit einem Schlag weltberühmt. An einem kalten Wintermorgen des Jahres 1907 aber war alles wieder in Frage gestellt: die Belegschaft stand vor dem ausgebrannten Magazin. 4000 versandfertige Fahrräder, eine große Menge an Ersatzteilen und Rohmaterial waren vernichtet. Puch gab nicht auf. Er machte den Arbeitern Mut, begann mit 45 Jahren von neuem - und lieferte 1908 sein 100.000stes Fahrrad aus. 1909 fusionierte er sein Unternehmen mit der Firma „Styria-Dürkopp-Werke", seinem ersten Unternehmen. Aus dem kleinen Mechanikermeister war ein Großindustrieller geworden: Chef eines Unternehmens, das Hunderten Arbeit und Brot gab, als Pionier der Rad- und Kraftfahrt in der ganzen Monarchie berühmt. Dabei war Puch der einfache Mann geblieben, der alle „Kragenseelen", sprich Beamte, wie die Pest verabscheute und seinen Arbeitern immer verbunden blieb. „Wenn etwas nicht klappte oder wenn einer etwas falsch machte, zog er kurzerhand seinen Rock aus, krempelte sich die Ärmel hoch, legte die goldene Uhr sorgsam beiseite und packte mit an." Erzählt einer, der damals mit dabei war. Die Wohnung in der Strauchergasse 18, in der er mit Frau, Schwiegermutter, Ziehneffen und zwei Dienstboten früher logierte, hatte er längst aufgegeben. Er wohnte nun in der Villa im Werk. Statt der 32 Haushühner, 36 Bienenstöcke und 5 Pferde hielt er sich nun einen eigenen Traberstall, einen Hundezwinger und sogar von einer Fuchsfarm wird berichtet. Vor allem Pferde hatten es ihm angetan: sein Traberstall war in der ganzen Monarchie berühmt. Bis 191.7. produzierten die Puch-Werke 12 verschiedene Motorradtypen mit zusammen 5400

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